Autonom fahrende E-Busse in Hamburg

04.06.2018  — 

Forschungs- und Entwicklungsprojekt HEAT in der Hamburger HafenCity; Ziel: Integration in den regulären Verkehr mit bis zu 50 km/h

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Die Integration autonom fahrender Kleinbusse in den realen Stadtverkehr entwickelt IAV im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsprojektes HEAT (Hamburg Electric Autonomous Transportation) gemeinsam mit den starken Partnern DLR, Hamburger Behörde für Wissenschaft, Verkehr und Innovation, Hamburger Hochbahn AG, IKEM und Siemens. Die Fahrzeuge werden mit bis zu 50 km/h unterwegs sein. Ein solches Vorhaben wird weltweit Maßstäbe setzen. Seit mehr als 15 Jahren treibt IAV die technische Entwicklung autonomer Fahrzeuge voran und hat schon mehrfach seine führende Rolle auf diesem Gebiet demonstriert.

Wesentliches Kennzeichen des HEAT-Projektes ist ein stufenweises Vorgehen, um auf den einzelnen Stufen Erfahrungen zu sammeln und darauf aufbauend sukzessive die Strecke zu verlängern, den Automatisierungsgrad zu erhöhen und die Geschwindigkeit zu steigern. In der ersten Phase ab Frühjahr 2019 wird es auf einer festgelegten Strecke einen Testbetrieb ohne Fahrgäste und mit einem professionellen Fahrzeugbegleiter geben, der bei Bedarf unmittelbar eingreifen kann. In der nächsten Phase sollen dann auch erstmals Fahrgäste mitgenommen werden. Weiterhin wird ein Fahrzeugbegleiter an Bord sein. Bis zum ITS-Weltkongress im Jahr 2021 soll dann ein komplett autonomer Betrieb (ohne Fahrzeugbegleiter) erfolgen.

Für die Integration in den realen Straßenverkehr und die dafür notwendige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h ist neben der Ausstattung des Fahrzeugs mit Kameras, Radar und Lidar auch eine Ausrüstung der Strecke mit zusätzlicher Infrastruktur (aktive und passive Sensorik) notwendig. Hierzu wird die Strecke mit Sensorikelementen und digitalen Kommunikationssystemen ausgestattet.

Zusätzlich erfolgt eine Überwachung des Betriebes über die Leitstelle der HOCHBAHN, die in Abhängigkeit von der jeweiligen Verkehrssituation dem Fahrzeug entsprechende Fahrbefehle geben kann. Fahrzeug, Infrastruktur und Leitstelle bilden das Gesamtsystem ab, das für hohe Sicherheit und Verfügbarkeit des autonomen Betriebs sorgen soll.

Die Teststrecke in der Hamburger HafenCity wird insgesamt 3,6 Kilometer lang sein und neun Haltestellen umfassen. Sechs bestehende Haltestellen werden angefahren, drei Haltestellen neu eingerichtet. In der Startphase wird der Elektrobus über die Straßen Am Sandtorkai, Am Sandtorpark, Am Dalmannkai und Großer Grasbrook fahren. Bis 2021 soll die Teststrecke dann über die Straßen Am Sandtorkai, Brooktorkai, Shanghaiallee, Überseeallee, Am Sandtorpark, Hübenerstraße, Großer Grasbrook und Am Kaiserkai führen. In der Endausbaustufe führt die Strecke über 12 Ampeln und das Fahrzeug muss acht Richtungswechsel vollziehen. Der Umfang und die stufenweise Entwicklung des Testbetriebs werden dabei so ausgerichtet, dass stets eine höchstmögliche Sicherheit gewährleistet ist, wie sie der Zulassungsprozess vorschreiben wird.

Der von IAV entwickelte Kleinbus ist etwa 5 Meter lang, 2 Meter breit, 2,6 Meter hoch und wiegt rund 4 Tonnen. Im Fahrzeug finden maximasechzehn Fahrgäste Platz. Zehn Sitzplätze (zwei Sitzbänke mit je vier Plätzen und eine klappbare Sitzbank mit zwei Plätzen) wird es geben. Der Kleinbus ist zudem mit einer Rampe ausgerüstet, sodass ein Rollstuhl im Bedarfsfall mitgenommen werden kann. Das erste Fahrzeug soll voraussichtlich noch in diesem Jahr nach Hamburg kommen. Insgesamt sind für das Forschungs- und Entwicklungsprojekt drei Fahrzeuge geplant. Die Aufladung der Batterien für den Elektroantrieb soll bei Vattenfall in der HafenCity erfolgen.

Neben dem eigens für dieses Projekt entwickelten Fahrzeug stehen vor allem Fragen nach der verkehrs- und informationstechnischen Infrastruktur, der digitalen Leittechnik und den technischen Schnittstellen im Fokus des Vorhabens. Wichtigstes Projektziel ist der Nachweis, dass die autonom fahrenden Kleinbusse im öffentlichen Nahverkehr eingesetzt werden können. Die Erprobungsstrecke für die emissionsfreien Elektrobusse liegt in Hamburgs HafenCity in unmittelbarer Nähe zur Elbphilharmonie. Im Rahmen einer Pressekonferenz erfolgte am heutigen Tag der offizielle Startschuss für das Projekt durch die beteiligten Partner.

Verkehrssenator Frank Horch: „2021 wird Hamburg Gastgeberstadt für den Weltkongress für intelligente Verkehrssysteme (ITS) sein. Bis dahin soll die Verknüpfung von Digitalisierung und Mobilität Schritt für Schritt im Hamburger Stadtbild sichtbar und erlebbar sein. Vor diesem Hintergrund stellen wir jetzt die Weichen für künftige Technologien wie autonomes und vernetztes Fahren. Die Treiber dieser Entwicklung sollen die öffentlichen Verkehrsbetriebe sein. Denn natürlich bleibt der öffentliche Personennahverkehr das Rückgrat der Mobilität in unserer Stadt. Angebote wie HEAT setzen auf einen verbesserten Verkehrsfluss durch weniger, aber – im Gegensatz zum Privatwagen – besser ausgelastete Fahrzeuge. Zugleich sind sie lokal emissionsfrei unterwegs, was uns hilft, für eine bessere Luft und weniger Lärm zu sorgen.“

Henrik Falk, Vorstandsvorsitzender der HOCHBAHN: „Autonom fahrende Fahrzeuge werden die Mobilität von morgen prägen. Die HOCHBAHN will die Chancen dieser Technologie gezielt nutzen, um attraktive Angebote zu entwickeln, die die private Pkw-Nutzung zumindest in den Innenstädten komplett überflüssig machen. Gemeinsam mit unseren Partnern stoßen wir hier eine Tür zu innovativen Lösungen auf.“ Die HOCHBAHN übernimmt bei diesem Vorhaben die Projektleitung, die betriebliche Umsetzung und die Einbindung über die HOCHBAHN-Leitstelle.

Wesentliches Kennzeichen des HEAT-Projektes ist ein stufenweises Vorgehen. In der ersten Phase ab Frühjahr 2019 wird es auf einer festgelegten Strecke einen Testbetrieb ohne Fahrgäste und mit einem professionellen Fahrzeugbegleiter geben, der bei Bedarf unmittelbar eingreifen kann. In der nächsten Phase sollen dann auch erstmals Fahrgäste mitgenommen werden. Weiterhin wird ein Fahrzeugbegleiter an Bord sein. Bis zum ITS-Weltkongress im Jahr 2021 soll dann ein komplett autonomer Betrieb (ohne Fahrzeugbegleiter) erfolgen.

Manfred Fuhg, Leiter Mobility Division Siemens Deutschland: „Gemeinsam mit den Partnern konzipieren wir den öffentlichen Nahverkehr von morgen. Autonom fahrende Elektrofahrzeuge spielen dabei eine entscheidende Rolle, denn sie werden die Mobilität revolutionieren. Siemens übernimmt im Rahmen des HEAT-Projekts die straßenseitige Infrastruktur, Softwarelösungen und die Integration von autonomen Fahrzeugen. Der Verkehr wird soweit optimiert, dass aus öffentlichem Nahverkehr individueller öffentlicher Nahverkehr wird.“

Die rechtliche Begleitung des HEAT-Projektes übernimmt das Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM). Hier geht es in erster Linie darum, im Rahmen des Projektes die jeweils erforderlichen Genehmigungen und Zulassungen sowie die daraus abgeleiteten Anforderungen an das Fahrzeug, die Infrastruktur und den regelmäßigen Betrieb mit Fahrgästen zu erreichen. Auch hier wird das HEAT-Projekt Pionierarbeit leisten, denn das autonome Fahren auf Level 5 (ohne Fahrer) wird vom geltenden Rechtsrahmen derzeit noch nicht erfasst. Die Besonderheit beim autonomen Fahren liegt darin, dass die Technik alle Aufgaben des Fahrzeugführers in Bezug auf die Einhaltung der Verkehrsregeln übernehmen muss. Ziel von HEAT ist deshalb auch zu zeigen, wie ein autonomes Fahrzeug ordnungsgemäß und sicher zugelassen werden kann.

Matthias Hartwig, Bereichsleiter Mobilität am IKEM: „Der Verkehr auf unseren Straßen ist so komplex, dass es auch in 50 Jahren keine unbegrenzte Zulassung für fahrerlose Fahrzeuge geben wird. Eine eingeschränkte Zulassung für spezifische geprüfte Anwendungsfälle sollte aber schon in wenigen Jahren Routine werden. Deshalb erproben wir das autonome Fahren im HEAT-Projekt in einem klar definierten Einsatzgebiet. Darauf aufbauend müssen Technik und Rechtsrahmen gemeinsam weiterentwickelt werden, um schrittweise neue Anwendungen und Verkehrsräume zu erschließen.“

Selbstverständlich erhalten die Menschen, für die das neue Verkehrsangebot eines autonom fahrenden Busses gestaltet wird, eine besondere Aufmerksamkeit im Projekt. Die Nutzung des Busses soll einfach, angenehm und mit einem hohen Sicherheitsgefühl verbunden sein. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) führt als Projektpartner die Begleitforschung durch, ermittelt die Nutzeranforderungen, leitet Hinweise für die Gestaltung der Fahrzeuge und des Verkehrsservices ab. Hinzu kommen die Evaluation der Akzeptanz bei den Fahrgästen und die Untersuchung des Zusammenwirkens weiterer Verkehrsteilnehmer mit dem System im Erprobungsgebiet der HafenCity Hamburg.

Dr. Annika Dreßler, DLR-Projektleiterin Nutzerzentrierte Begleitforschung HEAT: „Die Entwicklung des Betriebs autonom fahrender Elektrobusse ist ein Schritt in die Zukunft des öffentlichen Verkehrs. Automatisierung und Vernetzung eröffnen neue Möglichkeiten, den öffentlichen Personennahverkehr effizient und bedarfsgerecht zu gestalten und damit eine attraktive und umweltverträgliche Alternative zum Individualverkehr anzubieten. Damit das Angebot angenommen wird, muss der Mensch bei der Gestaltung im Mittelpunkt stehen.“

In den kommenden Monaten sollen die ersten Vorbereitungen für den Ausbau der Infrastruktur starten. Zu Beginn des kommenden Jahres sollen dann die ersten Probefahrten starten. Die ersten Fahrgäste werden das Angebot, das keine regulären Buslinien ersetzt, sondern einen zusätzlichen Service bietet, ab dem Frühjahr 2019 nutzen können. In der Startphase ist vorgesehen, allen Fahrgästen eine Kurzeinweisung zu geben. Die Fahrt mit dem Shuttle wird kostenfrei sein.

Die Investitionen auf Hamburger Seite betragen insgesamt 5,2 Millionen Euro. Davon entfallen auf die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI), den Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) und Hamburg Verkehrsanlagen (HHVA) 2,7 Millionen Euro, die vom Bundesumweltministerium voll gefördert werden. Weitere Fördermittel in Höhe von 1 Million Euro erhält die HOCHBAHN als Projektleitung. Weitere 1,5 Millionen Euro trägt das städtische Unternehmen aus eigenen Budgetmitteln.

Eine Animation des Fahrzeugs erhalten Sie über folgenden Link (Quelle: IAV GmbH)
http://dialog.hochbahn.de/download/HEAT_Fahrzeug_IAV_GmbH.mp4.zip

Ansprechpartner*innen für die Medien

Hamburger Hochbahn AG
Christoph Kreienbaum
christoph.kreienbaum@hochbahn.de
T 0178 628 2121

Behörde für Wissenschaft, Verkehr und Innovation
Christian Füldner
christian.fueldner@bwvi.hamburg.de
T 0170 260 4302

IAV
Sandra Kaspar
sandra.kaspar@iav.de
T 030 399 789 090

Siemens
Lars Kläschen
lars.klaeschen@siemens.com
T 01525 469 0423

IKEM
Matthias Hartwig
matthias.hartwig@ikem.de
T 0176 807 295 05

DLR
Theresa Sieberhein
theresa.sieberhein@dlr.de
T 0157 5300 2552

Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN)
Die 1911 gegründete HOCHBAHN befördert mit ihrem eigenen Fahrzeugpark aus mehr als 250 U-Bahnen und 1.000 Bussen über 1,2 Millionen Fahrgäste täglich. Dabei bedient die HOCHBAHN als einer von 34 Partnern im Hamburger Verkehrsverbund (HVV) über 1.400 Haltestellen und ist das größte Verkehrsunternehmen im HVV-Einsatzgebiet. Rund 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten bei der HOCHBAHN rund um die Uhr für einen attraktiven öffentlichen Personennahverkehr und bequeme, zukunftsorientierte Mobilität in Hamburg.

Behörde für Wissenschaft, Verkehr und Innovation (BWVI)
Die BWVI ist eine von elf Fachbehörden der Freien und Hansestadt Hamburg und zuständig für die Wirtschafts- und Verkehrspolitik sowie die Innovationsförderung. Zur Umsetzung des HEAT-Projekts greift die BWVI auf die Kompetenz der Behörde für Inneres und Sport (Verkehrsdirektion der Polizei), des Landesbetriebs Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) sowie des städtischen Unternehmens Hamburg Verkehrsanlagen (HHVA) zurück. Innerhalb des Projektes ist der LSBG für die Verkehrsplanung zuständig, die HHVA realisiert und betreibt die straßenseitige Infrastruktur.

IAV
IAV ist mit mehr als 7.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer der weltweit führenden Engineering-Partner der Automobilindustrie Das Unternehmen entwickelt seit 35 Jahren innovative Konzepte und Technologien für zukünftige Fahrzeuge. Die Kernkompetenzen liegen in serientauglichen Lösungen in allen Bereichen der Elektronik-, Antriebsstrang- und Fahrzeugentwicklung.

Siemens
Die Division Mobility der Siemens AG ist ein international führender Anbieter von Produkten, Systemen und Lösungen, die den effizienten, sicheren und umweltfreundlichen Transport von Menschen und Gütern ermöglichen. Die geschäftlichen Aktivitäten umfassen Schienenfahrzeuge, Bahnautomatisierung, Straßenverkehrstechnik und Verkehrstelematiksysteme ebenso wie Bahnelektrifizierung. Seit 1898 ist die Siemens AG mit einer eigenen Niederlassung auch in Hamburg präsent.

IKEM
DAS IKEM – Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität setzt sich als unabhängiges Forschungsinstitut mit aktuellen Fragen des Klimaschutzes sowie der Energie- und Mobilitätswende auseinander. Ein Schwerpunkt ist das Thema autonomes Fahren: Das IKEM übernimmt unter anderem die rechtswissenschaftliche Begleitung von Pilotversuchen und untersucht Geschäfts- und Betreibermodelle für autonome Shuttle.

DLR
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) ist das Forschungszentrum der Bundesrepublik Deutschland für Luft- und Raumfahrt. Es leistet auch Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in den Bereichen Energie, Verkehr, Sicherheit und Digitalisierung. Im HEAT-Projekt untersuchen Forscher des DLR die Bedürfnisse und Bewertungen von Nutzern und anderen Verkehrsteilnehmern in Bezug auf autonom fahrende Busse.

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