Der Weg zur CO2-neutralen Mobilität 2050

07.10.2019  — 

Berlin. Unter dem Motto „Der Weg zur CO2-neutralen Mobilität 2050“ stellt IAV auf dem Aachener Kolloquium (7. bis 9. Oktober 2019) neueste Entwicklungen aus den Bereichen Antrieb, künstliche Intelligenz, Batterietechnik und Elektrolyse vor. In einem Vortrag zeigt das Unternehmen, dass sich mit Dieselhybriden in Kombination mit einem innovativen Abgasnachbehandlungssystem selbst die strengen Normen jenseits von EU6d erfüllen lassen.

Predictive Health Monitoring mit Autoencodern

Künstliche Intelligenz (KI) hält zunehmend Einzug ins Fahrzeug, etwa durch das autonome Fahren. Aber auch im Engineering spielt sie eine immer wichtigere Rolle, wie IAV in Aachen zeigt: Ein neues KI-basiertes Tool soll suboptimale Motorzustände möglichst frühzeitig erkennen – etwa, um den Ausfall von Komponenten vorhersagen zu können, mit dem Ziel frühzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten. Möglich wird das durch den Einsatz eines Autoencoders, der aus zwei hintereinander geschalteten neuronalen Netzen besteht. Eine solche Netzwerkkonstellation erfasst den wesentlichen Informationsgehalt von Referenzdaten indem die Dimensionsanzahl des Zustandsraumes zunächst reduziert wird und anschließend wieder auf die ursprüngliche Größe gebracht wird. Der resultierende Rekonstruktionsfehler liefert dann ein Maß dafür, wie stark das System von seinem optimalen Zustand abgewichen ist.

IAV hat den Einsatz von Autoencodern zur Fehlererkennung bereits erfolgreich getestet: Bei Versuchsfahrten lieferte die KI-Methode Hinweise auf Probleme im Fahrzeug, die zusätzlich zu bewusst für das Testen ausgelösten Fehlern aufgetreten sind. Auf diese Weise lässt sich schnell feststellen, ob eine Testfahrt wie geplant umgesetzt werden konnte. „So können wir die Effizienz der Fahrzeugentwicklung steigern“, sagt Matthias Schultalbers, Bereichsleiter Powertrain Mechatronics und Digitalisierung bei IAV. „Für den Prüfstand ist die Fehlersuche mit Autoencodern ebenfalls eine interessante Option.“ In Zukunft bietet sich aber auch der Einsatz in Serienfahrzeugen, z.B. für Diagnosezwecke an. Der innovative Ansatz wurde von der KI-Kompetenzgruppe von IAV adaptiert, in der mehrere dutzend Data Scientists daran arbeiten, Methoden der künstlichen Intelligenz als Tools in die Entwicklung und als Funktionsbestandteile in Serienfahrzeuge zu bringen.

Saubere Dieselantriebe für die Grenzwerte jenseits von EU6

In seinem Vortrag „Contribution of LV-diesel MHEV and novel EAT systems in the context of future post EU6 RDE and CO2 requirements“ präsentiert Dr. Frank Bunar, Senior Fachreferent zum Thema Systemintegration Abgasnachbehandlung Diesel-PKW bei IAV, die Ergebnisse einer modellbasierten Simulation eines Dieselhybriden in Kombination mit einem innovativen Abgasnachbehandlungssystem. Ausgangspunkt ist ein typisches Fahrzeug aus dem D-Segment. Durch verschiedene Hybridtopologien und ein dreistufiges Abgasnachbehandlungssystem, bestehend aus einem beheizbaren DOC sowie verschiedenen Kombinationen aus SDPF, SCR und ASC, lassen sich die Stickoxid-Emissionen im gesamten betrachteten Geschwindigkeitsbereich auf deutlich unterhalb von 40 Milligramm NOx pro Kilometer reduzieren – also auf weniger als die Hälfte des aktuellen EU6d-Grenzwertes. Insbesondere im anspruchsvollen, jedoch für die Luftqualität in Innenstädten bedeutsamen, Stadtfahrbetrieb, werden erhebliche Vorteile prädiktiert durch eine leichte Elektrifizierung des Dieselantriebes.

Auf dem Aachener Kolloquium zeigt IAV neben einem Demonstratorfahrzeug mit einer einfachen 10kW-P0-Hybridisierung und einem innovativen Hochleistungsabgasnachbehandlungssystem einen Fahrsimulator, der verschiedene Mild-Hybrid-Topologien und Hybridisierungsgrade in Bezug auf Emissionen direkt erfahrbar macht. Es werden nicht nur die Anforderungen der aktuellen EU6-RDE-Norm erfüllt, sondern in weiten Geschwindigkeitsbereichen weniger als 40 Milligramm NOx pro Kilometer emittiert.

EMBATT: Fahrzeugbatterien mit höherer Energiedichte

Die Batterie ist eine entscheidende Komponente für den Erfolg von E-Fahrzeugen. Darum wollen die Hersteller die Energiedichte auf Systemebene von derzeit rund 330 bis 350 Wattstunden pro Liter auf 500 Wattstunden pro Liter steigern und gleichzeitig die Herstellungskosten signifikant senken. Um diese Ziele zu erreichen, arbeitet IAV zusammen mit namhaften Partnern wie der thyssenkrupp AG, der Fraunhofer-Gesellschaft sowie mehreren OEMs an der Technologie EMBATT (Chassis-embedded Energy). Der Sandwichaufbau aus bipolaren Elektroden ermöglicht es, die konventionellen Zell- und Modulgrenzen aufzulösen und den Energiespeicher ins Fahrzeugchassis zu integrieren. Der Anteil des Speichermaterials auf Systemebene verdoppelt sich damit auf bis zu 80 Prozent. In Aachen stellt IAV den aktuellen Stand des Projektes vor.

Elektrolyseur im Container: dynamisch und kostengünstig

Wasserstoff hat das Potenzial, zum zentralen Energieträger der Zukunft zu werden. Umso wichtiger sind effiziente, zuverlässige und kostengünstige Elektrolyseure, die aus Wind- und Sonnenstrom flexibel das energiereiche Gas produzieren können. IAV hat einen containerbasierten Elektrolyseur entwickelt, der die robuste und kostengünstige alkalische Elektrolyse nutzt und zugleich die hohe Dynamik eines PEM-Elektrolyseurs bietet. So kann er selbst kurzfristige Erzeugungsspitzen abfedern und überschüssigen Strom in Wasserstoff umwandeln. Eine neuartige Betriebsstrategie stellt sicher, dass dies vollautomatisch und kostenoptimiert erfolgt. Dank seiner modularen Bauweise lässt sich die Wasserstoffproduktion von bis zu 100 kg am Tag zudem in weiten Grenzen an die jeweiligen Anforderungen anpassen. Die grundlegenden Forschungs- und Entwicklungsarbeiten wurden im Rahmen des Forschungsprojektes ecoPtG durchgeführt. Die Lösung ist inzwischen so ausgereift, dass nun ihre Industrialisierung ansteht. Auch zu diesem Projekt zeigt IAV in Aachen den aktuellen Stand.