Aufbruch in eine neue Zeit

Die IAV-Experten des physikalisch-chemischen Labors (PCL) genießen seit vielen Jahren einen hervorragenden Ruf. Jetzt erweitert das bewährte Labor sein Spektrum: In Zukunft stehen Mitarbeiter und Messtechnik auch für Themen rund um neue Antriebe zur Verfügung – zum Beispiel für die Untersuchung von Hochvoltbatterien und Brennstoffzellen.

Eines bleibt selbst im größten Umbruch der Automobilbranche gleich: Ohne physikalisch-chemische Expertise lassen sich weder konventionelle noch alternative Antriebsstränge entwickeln und testen. Darum sehen sich die rund 30 Mitarbeiter in der Abteilung von Jochen Schäffner auch bestens für die Mobilität der Zukunft aufgestellt. „Bei uns arbeiten je zur Hälfte Naturwissenschaftler und Ingenieure, die im Bereich Abgasnachbehandlung hohe Kompetenz und anwendungsspezifisches Wissen miteinander vereinen“, sagt Abteilungsleiter Schäffner. „Beides können wir auch für neue Aufgaben rund um Elektro- und Wasserstoffmobilität nutzen.“

Das gilt auch für die Ausstattung im physikalisch-chemischen Labor (PCL) in Berlin. Bei der Untersuchung von Katalysatoren geht es beispielsweise darum, wie die Proben mit dem Abgas wechselwirken. Ganz ähnliche Fragen stellen sich auch rund um das Thema Brennstoffzellen. „Hier wollen wir unter anderem wissen, welchen Einfluss Schadstoffe aus der Umgebungsluft auf die Leistungsfähigkeit der Brennstoffzelle haben. Mit diesen Erkenntnissen kann zum Beispiel der Wirkungsgrad über die Lebensdauer der Zelle verbessert und so auch der Wasserstoffschlupf verringert werden“, so Schäffner. „Das können wir mit den bestehenden Anlagen exakt messen.“ Denn neben den Erfahrungen aus zahlreichen Kundenprojekten gehört das breite Portfolio an Messtechnik – sämtlich „Best in Class“ – zu den Alleinstellungsmerkmalen des PCL.

«Der Transfer in den Bereich der neuen Antriebe hilft unseren Kunden enorm.»

Jochen Schäffner — Abteilungsleiter

Auch bei den Alterungsprozessen von Katalysatoren und Brennstoffzellen gibt es Parallelen. Im Ofen lässt sich bei hohen Temperaturen nachstellen, wie Katalysatoren später im Fahrzeug durch Oberflächenprozesse mit der Zeit an Leistung verlieren. In Brennstoffzellen spielen ebenso die Oberflächen der Anode und Kathode, die Verteilung von Edelmetallen darauf sowie der Verschleiß der Membran eine wichtige Rolle für die Bewertung der Alterung. „Wir können sie mit den gleichen Methoden messen wie bei den Katalysatoren“, erklärt Schäffner. „Der Transfer in den Bereich der neuen Antriebe hilft unseren Kunden enorm.“

Simulationen mit Künstlicher Intelligenz

Neben den Messungen gehören Simulationen zum Kerngeschäft des PCL-Teams. Bisher haben die Experten vor allem Katalysatoren, Filter und Sensoren modelliert. In Zukunft sollen verstärkt auch Brennstoffzellen und Batterien hinzukommen. Ein Schwerpunkt bei der Batteriesimulation ist beispielsweise die Leistungsprognose einer Zelle bei transienter Last und Temperatur. „Wir vermessen dazu reale Bauteile und liefern unseren Kunden dann ein Modell, das sie als digitalen Zwilling in der Entwicklung nutzen können“, so Schäffner. Hier soll Künstliche Intelligenz (KI) künftig eine größere Rolle spielen: Simulationen auf Basis physikalisch-chemischer Gleichungen sind zwar sehr präzise, erfordern aber einen hohen Aufwand. KI-Modelle lernen im Gegensatz dazu aus Trainingsdaten und zeichnen sich durch hohe Geschwindigkeit aus.

«Wir werden auch in Zukunft für unsere Kunden die Brücke zwischen Grundlagen und Anwendungen schlagen»

Jochen Schäffner — Abteilungsleiter

Trotz aller Veränderungen durch neue Antriebssysteme werden in Zukunft auch klassische Themen auf der Agenda des PCL-Teams stehen. „Neue Grenzwerte für CO2 und Schadstoffe, synthetische Kraftstoffe oder Wasserstoffmotoren sind hier wichtige Trends“, berichtet Schäffner. „Auch in diesem Bereich sind wir auf dem aktuellen Stand der Technik – etwa bei der Nachbildung von WLTP-Messungen im Labor.“ Zu den Highlights des PCL-Labors gehört auch die Möglichkeit, den Wobbelbetrieb von Ottomotoren mit seiner hohen Dynamik nachzustellen. „Egal, ob bei klassischen Antrieben oder neuen Antriebsformen: Wir werden auch in Zukunft für unsere Kunden die Brücke zwischen Grundlagen und Anwendungen schlagen“, fasst Schäffner zusammen.

iav cross
IAV Cross: optimiert jetzt auch Wasserstoffverbrenner

IAV Cross

Der bewährte IAV Cross (Injection Analyzer) untersucht nun auch die Qualität der Einspritzung von Wasserstoff (H2)-Injektoren unter Nutzung von Realgas. Wasserstoff wird in Zukunft als Energieträger auch für die motorische Verbrennung immer wichtiger, weil es kein CO2 freisetzt. Mit der Neuentwicklung des IAV Cross können Injektoren für Brennverfahren mit äußerer Gemischbildung (MPI) wie auch direkte Einspritzungen in den Brennraum im Detail analysiert werden.

Nach fast 20 Jahren Markterfolg und kontinuierlicher Weiterentwicklung ermöglicht die auf Wasserstoff-Anwendungen ausgerichtete nächste Evolutionsstufe des Geräts mit spezieller und abgesicherter Messtechnik eine schnelle, crossfunktionale Analyse von Injektoren unter möglichst realitätsnahen Bedingungen. Die neue Gerätegeneration berücksichtigt die physikalischen Eigenschaften von Wasserstoff und setzt dabei auf der Basis des IAV Cross Typ P für gasförmige Kraftstoffe auf.

Das weltweit einmalige Messsystem IAV Cross besteht aus der hydraulischen Einheit, der elektronischen Mess- und Steuereinheit sowie der Software. Von vergleichbaren Produkten unterscheidet sich der IAV Cross auch durch das gewählte Messverfahren, dem Rohrindikatorprinzip. Sein größter technologischer Vorteil besteht zudem darin, sowohl Einspritzraten als auch Einspritzmengen simultan zu messen und dabei die Einspritzrate hochgenau abzubilden. Dies erleichtert die Entwicklung ungemein und führt zu schnelleren und besseren Ergebnissen.

Der Artikel erschien in der automotion 02/2020, dem Automotive Engineering-Fachmagazin von IAV. Hier können Sie die automotion kostenfrei bestellen.