Entwicklungs-Booster für den Turbolader

Eine optimierte Methodik mit verknüpften Tools führt zu maßgeschneiderten Ergebnissen

Der Markt für Turbolader wächst massiv: Die zunehmende Varianten­vielfalt bei den Fahrzeugen führt dazu, dass die Aufladesysteme an immer mehr Motorvarianten angepasst werden müssen. Solche maßgeschneiderten Lösungen steigern den Entwicklungsaufwand, weshalb IAV seine Methodik überarbeitet und zahlreiche Standalone-Tools miteinander verknüpft hat. Das führt zu besseren Ergebnissen in kürzerer Zeit.

Bei der Entwicklung von Turboladersystemen ist IAV vom Konzept über Entwicklung, Validierung und Optimierung bis hin zur Applikation und zur Markteinführung an der Seite seiner Kunden. In der Konzept- und in der Entwicklungsphase kommen zahlreiche eigenentwickelte Tools zum Einsatz, die die Ingenieure in zwei Blöcken zusammengefasst und miteinander verknüpft haben. Durch diese Zusammenführung einzelner Gewerke wurde ein optimierter Entwicklungsablauf etabliert, mit dem die zunehmende Komplexität der Turboladerentwicklung besser beherrscht werden kann. Dieser Entwicklungsprozess wurde mittlerweile mehrfach erfolgreich in Kundenprojekten angewendet.

Drei Tools für die Konzeptphase

Der erste Block entspricht der Konzeptphase und umfasst die Themen Zieldefinition, Matching und Benchmarking. Hier kommen die zwei von IAV entwickelten Tools für das Matching und das Benchmarking von Turboladern sowie die Ladungswechselsimulation zum Einsatz. Zunächst wird geklärt, wie sich die Zielvorgaben des Kunden – etwa an den Verdichter des Turboladers – erfüllen lassen. IAV macht einen ersten Vorschlag, der zum Beispiel die Durchmesser der Verdichte­rräder sowie die minimalen und maximalen Massenströme umfasst.

Ein wichtiges Werkzeug ist dabei die Auflade-Datenbank von IAV: „Sie enthält mehr als 150 Datensätze, das heißt Kennfelder von Verdichtern und Turbinen, und erlaubt einen Vergleich selbst definierter Parameter auf Komponenten­ebene“, so Sven Müller, Fachreferent im Bereich Powertrain Systems Development. Nach Eingabe weniger Motorparameter sucht das Matching-Tool aus der Datenbank geeignete Varianten für Verdichter und Turbinen aus. Anschließend führen die Entwickler eine Ladungs­wechsel­simulation durch, um – unter Berücksichtigung von Verbrennungs­parametern und dynamischen Effekten – die für das jeweilige Antriebskonzept optimierte Turbo­lader­charakteristik zu ermitteln. Hier erfolgt die Übergabe an die Aerodynamik­entwickler, die die Performance-Anforderungen umsetzen. Der zweite Block umfasst die Konstruktion und die detaillierte Auslegung der Turbolader­komponenten – beispielsweise der Räder des Verdichters. Dafür nutzen die IAV-Entwickler vier Werkzeuge für das Design der Räder, CAD, FEM und CFD. Im ersten Schritt entsteht mit Hilfe des Tools AxCent die Radgeometrie, deren Performance die Ingenieure mit StarCCM+ (CFD) und Ansys (FEA) untersuchen. „Bei der aerodynamischen Optimierung der Radgeometrie durchlaufen wir mehrere Schleifen aus Rad-Design, CAD, CFD und FEA“, berichtet Tom Steglich, Teamleiter im Bereich Powertrain Integration. „Sobald wir die Zielvorgaben erreicht haben, konstruieren wir das Rad fertigungsgerecht mit dem CAD-Programm Creo“. Im Anschluss daran folgen in Konstruktion und CFD noch mehrere Optimierungs­schleifen für das Gehäusedesign. Wenn der Turbolader inklusive Gehäuse vollständig als CAD-Modell vorliegt, schließt sich eine abschließende detaillierte CFD-Simulation zur Berechnung vollständiger Kennfelder des Turboladers an. Diese dienen zum Abgleich zum Beispiel mit der Motor­prozess­simulation oder Prüfstand­smessungen. Ein weiteres IAV-Tool kommt bei der Entwicklung von Turbinen mit variablen Leitschaufeln (VTG) zum Einsatz. Das Matlabbasierte Tool erlaubt in kürzester Zeit die umfassende Dimensionierung des kompletten VTG-Systems und spart damit gegenüber einer herkömmlichen Auslegung sehr viel Entwicklungszeit.

Bessere Ergebnisse durch tiefes Verständnis des Motors

Aus zahlreichen numerischen und experimentellen Untersuchungen hat sich bei den IAV-Entwicklern ein tiefes Verständnis für das System Abgasturbolader entwickelt, welches bei der thermodynamischen Betrachtung beginnt und bis in die Komponenten­ebene hinabreicht. „Daraus ergeben sich auch eigene Ideen, wie zum Beispiel der variable Verdichter (VTC) oder ein neues Wastegate-Konzept“, erläutert Dr. Panagiotis Grigoriadis, Teamleiter im Bereich Powertrain Mechatronics.

Weitere Verbesserungen der Methodik geplant

„Bessere Resultate in kürzerer Zeit“ – so lassen sich die Vorteile des neuen Entwicklungsablaufs zusammenfassen. Er soll in Zukunft weiter verbessert werden: Geplant ist unter anderem die Verknüpfung von Benchmark- und Matching-Tool. Für die Konstruktion von Turbolader­gehäusen ist der Einsatz von automatischen Optimierern geplant, die zu einer besseren Aerodynamik und einer längeren Haltbarkeit von Turbinengehäusen führen sollen.

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