Grüne Power mit Biomethan
Klimaschonend Autofahren ist nicht nur batterieelektrisch, sondern auch mit gasförmigen Kraftstoffen möglich. Genauer mit Biomethan (CH4), das aus organischen Abfällen und landwirtschaftlichen Reststoffen gewonnen wird und eine vielversprechende Ergänzung zur fortschreitenden E-Mobilität bietet. Durch den Einsatz von Biomethan im Verbrennungsmotor werden über den gesamten Lebenszyklus sowohl der CO2-Ausstoß als auch der Primärenergiebedarf sehr stark gesenkt. Eine Eigenentwicklung von IAV zeigt, wie ein Fahrzeug mit reinem Methanantrieb eine Reichweite von mehr als 900 km ermöglicht. Mit dem Konzept lässt sich der Wirkungsgrad eines mit Biomethan betriebenen Ottomotors in einem hybriden Antriebsstrang auf über 45 Prozent steigern, bei gleichzeitig niedrigsten Schadstoff- und Treibhausgas-Emissionen. IAV hat die Studie auf dem Aachener Kolloquium 2020 zur Nachhaltigen Mobilität vorgestellt.
Das Erreichen der Pariser Klimaschutzziele ist und bleibt schwierig, da in den meisten Wirtschaftszweigen immer noch überwiegend fossile Energieträger zum Einsatz kommen und umweltschädliche Treibhausgase befördern. Gefragt sind nicht nur innovative Antriebs- und Mobilitätskonzepte, sondern auch klimaschonender Ersatz für Erdöl und Kohle. Eine Option ist Biomasse als wichtige Quelle erneuerbarer Energien.
Bei der Vergärung von Exkrementen sowie Abfall- und Reststoffen aus Haus-, Forst- und Landwirtschaft entsteht das ressourcenschonende Biomethan. Durch seine Verbrennung als Kraftstoff im Fahrzeug wird nur so viel CO2 freigesetzt, wie die verarbeiteten Pflanzen während ihres Wachstums gebunden haben.

Einsatz von Biomethan im Verbrennungsmotor
IAV entwickelt schon seit Jahrzehnten Technologielösungen für zukunftsweisende Antriebsformen und hat einen hocheffizienten und seriennahen Hybrid mit stöchiometrisch betriebener Verbrennungskraftmaschine (VKM) für den Einsatz von Methan konzipiert. Die IAV-Studie „Metamax“ nutzt unter anderem die Vorkammerzündung sowie eine gekühlte Niederdruck-Abgasrückführung, wodurch der effektive Wirkungsgrad des Ottomotors im Bestpunkt von heute in Serie befindlichen 39 auf mehr als 45 Prozent gesteigert werden kann.
Im Niedriglastbereich soll die E-Maschine das Fahrzeug antreiben, da die Abgastemperatur in diesem Lastbereich nicht die erforderlichen 550°C erreicht. Dies ist aber zwingend erforderlich, um eine sichere Konvertierung auch von Methan zu ermöglichen. Bei kalten Temperaturen wird vor dem Motorstart der Katalysator elektrisch vorgeheizt, sodass er von der ersten Sekunde an konvertieren kann. Im Seriell/Parallel-Hybridsystem werden bei Beschleunigungsvorgängen die Drehmomentanforderungen an die VKM reduziert. Infolgedessen kann die VKM bereits von Beginn an für einen höheren Wirkungsgrad ausgelegt werden und im Betrieb immer nahe ihres Bestpunktes fahren.
„Methan an sich ermöglicht in der VKM bereits geringste Schadstoffrohemissionen. Bisherige Konzepte fahren aber noch immer mit einem kleinen Benzin-Angsttank“, sagt Dr. Emanuel Binder, Entwicklungsingenieur im Fachbereich Vorentwicklung Antriebsstrang Ottomotor bei IAV.
«Wir wollten ein alltagstaugliches Fahrzeugkonzept entwickeln, welches eine hohe Reichweite hat und nur noch Methan benötigt.»
— Entwicklungsingenieur im Fachbereich Vorentwicklung Antriebsstrang Ottomotor bei IAV
Niedrigste CO2-Emissionen über Lebenszyklus, niedriger Primärenergiebedarf
Das Biomethan wird im Heckbereich des Fahrzeugs in speziellen Tanks bei einem Druck von 200 bar gespeichert. Die Reichweite von 920 km wird im Wesentlichen durch das 168-Liter-Tankvolumen sowie den hohen Systemwirkungsgrad von VKM und Hybridkomponenten erreicht. Förderlich für die Reichweite ist zudem die Niederdruck-Einlasskanaleinblasung.
Im Rahmen der Studie hat IAV das Biomethan-Antriebskonzept mit ausgewählten Technologien wie zum Beispiel vollelektrisch (BEV), teilelektrisch (PHEV), Wasserstoff-Brennstoffzelle (FCEV) und synthetische Kraftstoffe (PtL) verglichen und hinsichtlich Energieeffizienz im Lebenszyklus (Cradle-to-Grave) untersucht. Das Resultat: Unter der Lebenswegbetrachtung zeigt eine mit Biomethan betriebene VKM auf der Straße die beste Kombination aus niedrigem CO2 und Primärenergiebedarf, weil insbesondere bei der Herstellung von Biomethan nur wenige energieintensive Umwandlungsschritte notwendig sind und sich die verbrennungstechnischen Eigenschaften des grünen Gases positiv auswirken.
Klar ist: Keine Antriebsform allein kann alle Anwendungsbereiche, Märkte und Ansprüche bedienen, erst recht nicht, was die erforderliche Treibstoff- oder Energiemenge betrifft. Notwendig ist ein Zusammenspiel smarter Technologien und Maßnahmen, um den Verkehr nachhaltiger zu machen – Verbrennungsmotoren bleiben ein wichtiger Teil. Bei der Entwicklung von Antriebskonzepten hat IAV nicht nur die Komponenten, sondern das Gesamtbild im Blick. Lebenszyklus-Betrachtungen stehen daher nicht am Ende, sondern am Anfang der Entwicklung.
