Hochautomatisiertes Fahrzeugsystem auf dem Weg zur Einsatzreife

Ein geschlossenes Gesamtsystem verknüpft Fahrzeug und intelligente Infrastruktur

Hochautomatisierte Fahrzeuge, die ohne Zutun des Fahrers ihr Ziel ansteuern, werden schon bald zum alltäglichen Straßenbild gehören. Eine der größten technischen Herausforderungen ist dabei, sie in den hochdynamischen Verkehrsfluss heutiger Fahrzeuge zu integrieren und dabei höchste Sicherheit zu gewährleisten. Als Lösung entwickelt IAV ein in sich geschlossenes Gesamtsystem, das Fahrzeug und Infrastruktur miteinander verknüpft. Darauf basierende ITS-Flotten könnten schon in zwei bis drei Jahren einsatzbereit sein.

Aktuell sind zahlreiche Konzepte zur künftigen Mobilität in der öffentlichen Diskussion. Dabei spielen vor allem Autopiloten, die dem Fahrer die Fahrzeugführung abnehmen, eine zentrale Rolle. Grundlage der Technologie ist die bordeigene Umfeldsensorik, die beispielsweise die Anzeige von Lichtsignalen erkennt und der Steuerungselektronik weitergibt, ob eine Ampelanlage auf Rot oder Grün steht. Das gelingt nicht immer problemlos, denn die Signale sind – verständlicherweise – auf die menschliche Lesbarkeit optimiert und müssen im Fahrzeug mit erheblichem Aufwand wieder für die Elektronik aufbereitet werden. Das kostet Zeit, die der Fahrzeuginsasse als Verzögerung wahrnimmt, funktioniert nicht immer zuverlässig und kann zu Fehlinterpretationen von Verkehrssituationen führen.

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Vom Konzept zur konkreten Lösung

IAV verfolgt daher einen weiterführenden integrativen Ansatz. „Bei unseren Untersuchungen haben wir schon sehr früh erkannt, dass wir komplett umdenken müssen, wenn wir beim hochautomatisierten Fahren für mehr Sicherheit sorgen und dabei die Fahrgeschwindigkeit nicht erheblich reduzieren wollen“, erklärt Benedikt Schonlau, Abteilungsleiter Automated ITS bei IAV. Als Beispiel nennt er das Einfädeln in einen dicht befahrenen Kreisverkehr. Da die bordeigene Elektronik allein nicht abschätzen kann, ob eine Lücke durch abbiegende Autos entstehen wird, warten die automatisierten Fahrzeuge viel zu lange ab und behindern so den Verkehr. In diesen Situationen ist eine Kommunikation des Autos mit der Infrastruktur hilfreich: Wenn eine stationäre Sensorik den Kreisverkehr aus der Vogelperspektive aufnimmt und eine intelligente Elektronik die Bilder auswertet, kann dem Fahrzeug frühzeitig der Fahrbefehl gegeben werden.

Seit 2014 arbeitet IAV an diesen kooperierenden Systemen im Verkehr, bei denen die Straßeninfrastruktur durch eine Schnittstelle mit dem Kraftfahrzeug verbunden wird. Benedikt Schonlau: „Das ist ein erster Schritt weg von der getrennten Fahrzeug- und Infrastrukturentwicklung hin zu intelligenten Transportsystemen.“ In den vergangenen Jahren hat IAV die Konzepte zu konkreten Lösungen weiterentwickelt, Mitte 2016 wurden alle Aktivitäten in diesem Bereich in einer eigenen Organisationseinheit unter Schonlaus Leitung zusammengefasst.

Aktuell arbeitet er mit seinem Team an einem hochautomatisierten ITS-System, bei dem das ITSFahrzeug im Pendelverkehr eine vorgegebene Route abfährt, die mit entsprechenden Telematikanlagen ausgestattet ist. Benedikt Schonlau erklärt: „Aus Sicherheitsgründen haben wir uns dabei für eine redundante Umfeldsensorik im Fahrzeug entschieden, die an neuralgischen Stellen der Strecke durch Telematikeinrichtungen ergänzt wird.“ Dazu rüstet IAV konventionelle Fahrzeuge mit der erforderlichen Technik aus, entwickelt und validiert die Funktion des hochautomatisierten Fahrens und bietet das ITS-Fahrzeug inklusive Infrastruktur als Turn-Key-Projekt an. „Natürlich ist das auch ein Paradigmenwechsel bei IAV selbst, weg vom reinen Engineering-Partner hin zum SolutionProvider, der komplette Mobilitätskonzepte aus einer Hand anbietet“, so Schonlau.

In zwei bis drei Jahren einsatzbereit

Diese in sich geschlossene Lösung, bei der beide Komponenten speziell aufeinander abgestimmt sind, könnte schon in zwei bis drei Jahren für Kunden einsatzbereit sein. Zielgruppe sind beispielsweise Kommunen, die bislang unrentable Nebenstrecken an den öffentlichen Personennahverkehr anbinden wollen, oder Betreiber von Flughafenzubringern.

Der Fahrer kann dabei entweder komplett entfallen oder andere Aufgaben übernehmen, etwa die Fahrgastbetreuung bei VIPTransportfahrten. Sowohl Passagiere als auch die Umwelt profitieren von dem innovativen Verkehrskonzept, da es eine emissionsarme, sichere, sparsame und komfortable Alternative zum stadtnahen Individualverkehr inklusive mitunter stressiger Parkplatzsuche schafft.

Mit dem neuen Angebot entspricht IAV exakt den aktuellen Anforderungen des Markts, der sich schnell einsetzbare Anwendungen im Personenverkehr mit konkretem Nutzen und exakt berechenbarer Wirtschaftlichkeit wünscht. Parallel arbeitet IAV mit Kooperationspartnern an intelligenten Transportsystemen für den Individualverkehr, die sich flexibel auf allen Strecken und für jedes entsprechend ausgerüstete Fahrzeug einsetzen lassen. Die dazu erforderliche Standardisierung der Kommunikationsprotokolle und Funktionen sowie die Implementierung in die vorhandene Verkehrsinfrastruktur werden allerdings noch einige Jahre dauern.

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