Innovative Brennverfahren für Nutzfahrzeugmotoren

IAV entwickelt individuelle Lösungen für Onroad- und Nonroad-Anwendungen

Verschärfte Emissionsgrenzwerte im Heavy-Duty-Bereich erfordern neue Brennverfahren für Nutzfahrzeuge. IAV setzt auf einen ganzen Mix aus Maßnahmen – und auf innovative, modellbasierte Entwicklungsverfahren.

In der EU gilt für Heavy-Duty-Motoren im Onroad-Bereich derzeit ein NOx-Grenzwert von 0,46 Gramm pro Kilowattstunde (Euro 6), während die USA 0,2 Gramm pro bhp.hr (Brake Horsepower Hour) vorschreiben (USA 2010). Dabei wird es aber nicht bleiben: Das California Air Resources Board (CARB) plant, den Grenzwert bis 2031 um maximal 90 Prozent auf nur noch 0,02 Gramm pro bhphr zu reduzieren. In Europa verschärft das Portable-Emissions-Measurement(PEMS)System-Testverfahren die Anforderungen in puncto Stickoxidemissionen: Sie müssen in einem weiten Bereich der Zuladung (zwischen 10 und 100 Prozent) und auch beim Kaltstart eingehalten werden.

Neue Grenzwerte für die Kohlendioxidemissionen stellen die Entwickler vor stetig steigende Herausforderungen. Während es in der EU derzeit kein CO2-Limit für schwere Lkw gibt, sind in den USA, Japan und China bereits Regulierungen in Kraft. In der EU startet 2019 eine Datenerfassung der CO2-Werte (Monitoring & Declaration), und ab 2025 gelten verbindliche Flottengrenzwerte.

Zielkonflikte zwischen NOx- und CO2Reduzierung
Hinzu kommt: Es gibt einen Zielkonflikt zwischen der NOx- und der CO2-Reduzierung – verringert man beispielsweise den Stickoxidausstoß über eine verstärkte Abgasrückführung, steigen der Kraftstoffverbrauch und damit auch die Kohlendioxidemissionen. Ein ähnliches Problem werfen die PEMS-Zyklen auf: Sollen die NOx-Emissionen schon beim Kaltstart unterhalb des Grenzwertes bleiben, muss man die Abgastemperatur erhöhen – was ebenfalls den Kraftstoffverbrauch und den CO2-Ausstoß in die Höhe treibt.

Im Nonroad-Bereich gibt es derzeit noch keine „Real Driving“-Regulierung, jedoch läuft bereits ein sogenanntes „In-Service-Monitoring“, in dessen Rahmen die Methodik für eine kommende „Non-road-PEMS“ Gesetzgebung evaluiert wird. Die Regulierung wird frühestens im Jahr 2026 aktiv.

Zielkonflikte zwischen NOx- und CO2Reduzierung

Hinzu kommt: Es gibt einen Zielkonflikt zwischen der NOx– und der CO2-Reduzierung – verringert man beispielsweise den Stickoxidausstoß über eine verstärkte Abgasrückführung, steigen der Kraftstoffverbrauch und damit auch die Kohlendioxidemissionen. Ein ähnliches Problem werfen die PEMS-Zyklen auf: Sollen die NOx-Emissionen schon beim Kaltstart unterhalb des Grenzwertes bleiben, muss man die Abgastemperatur erhöhen – was ebenfalls den Kraftstoffverbrauch und den CO2-Ausstoß in die Höhe treibt.

Im Nonroad-Bereich gibt es derzeit noch keine „Real Driving“-Regulierung, jedoch läuft bereits ein sogenanntes „In-Service-Monitoring“, in dessen Rahmen die Methodik für eine kommende „Non-road-PEMS“ Gesetzgebung evaluiert wird. Die Regulierung wird frühestens im Jahr 2026 aktiv.

Neue Ansätze erforderlich

Es sind also neue Ansätze für die Entwicklung von Nutzfahrzeugmotoren und deren Brennverfahren gefragt. Dazu gehören Hardware-Maßnahmen, wie innovative Beschichtungen von Kolben und Brennraum, sowie eine Verringerung der Wandwärmeverluste durch innovative Kühlungskonzepte wie Phase Change Cooling (Verdunstungskühlung, siehe Artikel auf Seite 14). „Heute arbeitet man mit Zylinderdrücken von maximal 215 Bar, in Zukunft sind 240 bis 260 Bar denkbar“, erklärt Dr. Reza Rezaei, Teamleiter Advanced Engineering and Model-Based Development bei IAV. „Beim Einspritzdruck ist eine Steigerung auf bis zu 3.500 Bar denkbar, wodurch man die Rußemissionen unter Berücksichtigung der verschärften NOx-Limits weiter verringern kann.“ Das Verdichtungsverhältnis – heute bei einem Wert von ca. 17 – ließe sich je nach Leistungsdichte und Zylinderspitzendruck auf 18, 19 oder höher steigern. Ein wichtiger Optimierungspunkt ist das Thermomanagement, das in realen Zyklen eine entscheidende Rolle spielt. Dafür hat IAV mit der Eigenentwicklung „Slide Cam“ ein eigenes Konzept für einen schaltbaren Ventiltrieb vorgestellt, das den Einsatz von Miller-Zyklen in Nutzfahrzeugmotoren ermöglicht. Damit kann bei Bedarf eine höhere Abgastemperatur bei einem minimalen Kraftstoffverbrauch die NOxUmsetzung im SCR erhöht werden (Advanced Thermal Management).

Zudem können neue Kolbengeometrien dazu beitragen, den Wirkungsgrad des Motors zu verbessern und Emissionen zu senken. „Wir haben 2017 einen Prototyp eines Heavy-DutyKolbens vorgestellt, der im 3-D-Druck Ver
fahren hergestellt wurde“, so Rezaei. „Durch seine innovative Natriumkühlung können wir die Temperatur der Kolbenoberfläche erhöhen und so die Wandwärmeverluste reduzieren.“ Außerdem gestattet der neue Kolben eine komplexere Brennraumgeometrie, was die Gemischbildung optimiert und zu geringeren Schadstoffemissionen führt. Im Kontext verschärfter NOx-Emissionen und daher höherer AGR-Raten bietet das innovative Brennverfahren mit verbesserter Gemischbildung ein großes Potenzial.

Modellbasierte Entwicklung und Auslegung

Es ist eine große Herausforderung, die verschiedenen Maßnahmen sinnvoll miteinander zu kombinieren, denn Zylinder-Spitzendruck, Verdichtungsverhältnis, Leistungsdichte und Emissionen des Motors sind nicht unabhängig voneinander. Um eine optimale Kombination zu finden, setzt IAV auf die modellbasierte Entwicklung und Auslegung. „Wir können die Verbrennung sehr effizient modellieren, wofür wir neben einem eigenen Verbrennungsmodell auch einen eigenen Ansatz für die NOx-Reaktionskinetik einsetzen“, berichtet Rezaei. „Die Modelle sind seit 2010 sehr erfolgreich im Einsatz und werden ständig verbessert.“ Einen besonders innovativen Ansatz verfolgen die IAV-Experten bei der Modellierung von Ruß, Kohlenwasserstoffen und Kohlenmonoxid: Weil deren Emissionen nur schwer zu simulieren sind, nutzen die IAV-Experten dafür eine „hybride“ Emissionsmodellierung: eine Kombination von physikalischen und mathematischen Modellen mit künstlicher Intelligenz.

Die Brennverfahrens-Optimierung ist im Onroad-Bereich bereits eine komplexe Aufgabe – bei Nonroad-Anwendungen wie Kränen oder Traktoren kommen noch die vielfältigen Einsatzszenarien hinzu. „Motor und Abgasnachbehandlungsanlage werden in völlig unterschiedlichen Bereichen des Motorkennfeldes betrieben“, sagt Rezaei. „Für die übergreifende Optimierung des Gesamtsystems benötigen wir darum auch gesamthafte Simulationsumgebungen und Modellbildungen von Motor und Abgasnachbehandlung.“

Bei Kundenprojekten nutzt IAV nicht nur seine innovativen Simulationsmethoden, sondern auch eine Vielzahl von Prüfständen. Ein eigener Heavy-Duty-Einzylinder-Versuchsmotor steht für Forschung und Entwicklung ebenso zur Verfügung wie Prototypen aus dem 3-D-Druck, die am Versuchsmotor getestet werden können. „So können wir für jede Anwendung und jeden Kundenmarkt eine individuelle Lösung entwickeln, die den unterschiedlichen Anforderungen jedes Kunden gerecht wird“, fasst Rezaei zusammen.

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