Kunden gewinnen und binden

Benutzerschnittstellen: von Nutzeranforderungen zu digitalen Produkten

Mit der zunehmenden Vernetzung entwickeln sich Fahrzeuge immer mehr zu einer Lebens- und Arbeitsumgebung. Kommunikation, Information und Unterhaltung spielen für die Fahrzeugnutzer eine zentrale Rolle und werden zum wichtigen Verkaufsargument für die Hersteller. Umso wichtiger ist es darum für die OEMs, ihren Kunden eine optimale UserExperience zu bieten – also Benutzerschnittstellen, die einfach zu bedienen sind, Spaß machen und über verschiedene Anwendungen hinweg das gleiche „Look and Feel“ haben.

Vorbei sind die Zeiten, als Fahrzeuge noch gekapselte Systeme waren. „Die OEMs müssen sich öffnen und auch bei der Entwicklung umdenken“, sagt Dr. Marcus Heinath, Abteilungsleiter HMI und Kombiinstrument bei IAV. „Heute sind bei ihnen oft noch getrennte Abteilungen beispielsweise für die Head-Unit und die Apps zuständig. Die Zukunft gehört aber dem übergreifenden Denken: Design und inhaltliches Konzept müssen über verschiedene Anwendungen hinweg aus einem Guss sein.“ Zu diesen Anwendungen gehören neben den Bedien- und Anzeigeelementen im Fahrzeug auch Apps auf mobilen Geräten wie Smartphones, Tablets und Wearables sowie Webportale im Internet. Mit anderen Worten: das gesamte Ökosystem an vernetzten Geräten, in dem sich die Nutzer heute bewegen.

Ganzheitliche Betrachtung

Gefragt ist darum das, was Experten eine gute „User-Experience“ (UX) nennen: Benutzerschnittstellen (HMI), die sich einfach und ohne große Ablenkung bedienen lassen (Usability), deren „Look and Feel“ man sofort wiedererkennt und die dem Nutzer einen Mehrwert bieten. Dabei geht es nicht nur um das Design, sondern auch um Inhalte und Services – bis hin zu Anwendungen, die den Fahrer wiedererkennen und sich dadurch automatisch auf seine Präferenzen einstellen können. Während die Hersteller früher vor allem das technisch Mögliche im Blick hatten, nähern sie sich heute tatsächlich bereits einer eher ganzheitlichen Betrachtung. „Ihnen ist klar geworden, dass eine hohe User-Experience bestehende Kunden an ihre Automarke binden oder neue Kunden für ihre Produkte gewinnen kann“, kommentiert Heinath.

Um eine hohe UX zu erreichen, müssen die sensorischen, emotionalen und reflektierenden Reaktionen der Nutzer vor, während und nach der Interaktion mit einem System berücksichtigt werden. Dabei spielen insbesondere Erwartungen an Produkt und Marke hinsichtlich Ästhetik und Wertigkeit sowie Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Nützlichkeit eine wichtige Rolle. Hinzu kommen die bisherigen Erfahrungen im Umgang mit dem System oder dem Service.

Das hat Konsequenzen für die Entwicklung der Benutzerschnittstellen: „Für uns ergeben sich daraus Stellschrauben beim Grafik- und Interaktionsdesign, bei der Informationsstrukturierung, der Komplexitätsauslegung sowie der Funktions- und Servicegestaltung“, so Heinath. „Grundsätzlich kann die Optimierung zwar auf Geräteebene erfolgen – also bei der Head-Unit, dem Kombiinstrument, der Smartphone-App oder dem Web-Portal. Im Vorfeld muss aber eine übergreifende Vision zum Interaktionsdesign und zur Informationsarchitektur entwickelt werden, die sich auf die einzelnen Systeme herunterbrechen lässt und in Einklang mit den Zielen der Nutzer steht.“ Ziel müsse es sein, ein ganzheitliches Nutzungserlebnis zu gestalten – durch die Minimierung von Funktions- und Medienbrüchen zwischen den Systemen und eine Konsistenz bei den Anzeigeund Bedienelementen sowie der Terminologie.

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Analyse von Nutzern und Nutzungskontexten

IAV setzt bei der HMI-Entwicklung solcher Lösungen auf einen User-centered-DesignProzess: Erster Schritt ist die Identifizierung und Analyse von Nutzern und Nutzungskontexten. Dabei geht es vor allem darum, die Nutzer, ihre Anforderungen und Erwartungen an die Systeme sowie die Nutzungsszenarien zu verstehen. „Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse definieren wir Anforderungen an das HMI aus Nutzersicht und gleichen sie mit den technologischen Rahmenbedingen ab“, erklärt Heinath. „Die darauf basierenden Konzepte beinhalten eine am mentalen Modell des Nutzers orientierte Informations- und Navigationsstruktur sowie einen Entwurf der grundlegenden Bedien- und Anzeigephilosophie.“

Mithilfe von Rapid Prototyping entstehen erste Designvisualisierungen zum User-Interface, die die IAV-Experten im weiteren Projektverlauf iterativ immer weiter optimieren. Die Prototypen dienen unter anderem dazu, die Konzepte mit realen Nutzern zu testen. Die Probanden kommen entweder vom Kunden oder werden von IAV gestellt. „Wir arbeiten mit externen Dienstleistern zusammen, die uns beispielsweise Testpersonen mit einer vorgegebenen Alters- und Erfahrungsstruktur zur Verfügung stellen“, so Heinath. „Parallel dazu bauen wir derzeit einen eigenen Probandenpool auf.“ Die Probanden können die neuen Benutzerschnittstellen zum Beispiel bei einer Fahrt in einem Fahrzeug erleben, während eine Kamera ihre Reaktionen für die spätere Analyse filmt und diese mit Fahr- und Interaktionsdaten synchronisiert werden.

Im Moment bauen Heinath und sein Team ein neues „UX-Lab“ bei IAV auf, das 2017 seinen Betrieb aufnehmen soll. Dort können wir Experten noch besser an der optimalen User-Experience arbeiten. „Unser UX-Leistungsspektrum reicht von der Beratung über die Projektunterstützung und die Projektdurchführung bis hin zum Serientransfer“, fasst Heinath zusammen. „Dabei greifen wir auf ein etabliertes UX-Methodenrepertoire zurück und setzen es projekt- und kundenspezifisch ein.“

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