Vorreiter beim Einsatz von Virtual Reality

Ende März hat IAV sein neues VR Lab in Gifhorn eröffnet. Der Einsatz von Virtual Reality verspricht bessere Bewertungsgrundlagen und dadurch einen schnelleren Projektfortschritt – denn dank VR lassen sich Konzepte früher und besser in 3-D bewerten. Außerdem ermöglicht das VR Lab bei der Entwicklung und Ausbildung eine Zusammenarbeit über Standortgrenzen hinweg. In Zukunft will IAV sein Know-how im Bereich Virtual Reality auch anderen Unternehmen anbieten.

Virtual Reality (VR) wird in den Entwicklungsprozessen der Zukunft eine zentrale Rolle spielen. „Mit dieser Technik können wir uns Entwicklungsstände in 3-D ansehen, ohne dafür teure Prototypen bauen zu müssen“, erklärt Christopher Wolf, Senior Vice President Business Development und Virtual Engineering sowie Product Owner des xR-Teams bei IAV. „Voraussetzung ist lediglich, dass die entsprechenden CAD-Daten existieren. Ihre Umwandlung in VR-Informationen erfolgt heute bereits teilautomatisiert und dürfte in spätestens zwei Jahren fast auf Knopfdruck möglich sein.“ Die Einsatzmöglichkeiten von VR sind nicht nur auf Komponenten oder Fahrzeuge beschränkt – auch Prozesse lassen sich visualisieren und optimieren, etwa für die spätere Serienfertigung.

Durch Virtual Reality können wir in frühen Entwicklungsphasen beispielsweise mehrere alternative Konzepte darstellen und zum Vergleich schnell zwischen ihnen umschalten.

Christopher Wolf — Senior Vice President Business Development und Virtual Engineering sowie Product Owner des xR-Teams bei IAV

„Später lassen sich auch Freigabeentscheidungen auf Basis von VR treffen, etwa in puncto Bauraum oder Verbau von Komponenten“, berichtet Wolf. Das spart Zeit und Kosten: „Im Vergleich zum Bau eines Prototypen liegt der Zeitaufwand dank VR bei nur etwa 20 Prozent und die Kostenersparnis ist sogar noch größer“, rechnet Wolf vor. „So können wir zum Beispiel verschiedene Varianten relativ einfach auf Basis eines virtuellen Modells erzeugen.“ Das Thema bewegt die Branche zunehmend: Erste Kundenanfragen zum Einsatz von VR in Entwicklungsprozessen gibt es bereits und auch Gespräche über konkrete Projekte haben schon stattgefunden.

Zusammenarbeit über Standorte hinweg

Das neue VR Lab in Gifhorn hat eine Grundfläche von 15 mal 15 Metern, sodass die Entwickler selbst um große virtuelle Fahrzeuge oder Zugmaschinen ganz natürlich herumgehen und sie aus allen denkbaren Perspektiven betrachten können. Alle Ansichten können zu Dokumentationszwecken gefilmt oder fotografiert und mit Kommentaren versehen werden. Und das nicht nur in Gifhorn: Kunden oder andere IAV-Standorte lassen sich bei Bedarf zuschalten – etwa die VR Räume, die IAV in Berlin, Chemnitz/Stollberg, München und Shanghai unterhält. So wird standortübergreifende Zusammenarbeit in Echtzeit möglich. „Unsere Kunden könnten in Zukunft von ihrem Büro aus mit einer VR-Brille an einer Besprechung teilnehmen“, sagt Wolf. „Voraussetzung ist lediglich, dass ihre Firewall eine solche Verbindung zulässt.“

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Virtuelles Engineering ermöglicht das VR Lab von IAV.

Ein Kernteam hat seit 2017 den Aufbau des VR Labs vorangetrieben. „Alle Projekte werden bei uns agil bearbeitet, bei Bedarf holen wir uns Fachexperten aus anderen IAV-Abteilungen hinzu“, so Wolf. Bis jetzt haben die VR-Experten unter anderem das autonome Shuttle HEAT und den IAV Truck zu virtuellem Leben erweckt. Für einen Kunden haben sie bereits den Einbau einer Kraftstoffpumpe und das Fahrwerk eines neuen Konzeptautos visualisiert. „Wir haben Kompetenzen auf beiden Gebieten – Virtual Reality und Automotive Engineering“, sagt Wolf. „So können wir als Vorreiter diese Technologie als festen Bestandteil in der künftigen Entwicklung etablieren. Dazu gehört auch, dass wir zum Beispiel Zulieferer beraten, die ihren Kunden neue Lösungen per VR präsentieren wollen.“

Beratung beim Aufbau und Betrieb von VR Labs

Virtual Reality soll aber nicht nur den Entwicklungsprozess optimieren, auch Fortbildungen profitieren von der Technik. „VR-Schulungen sind fast so gut wie Präsenzunterricht mit einem Trainer im selben Raum“, sagt Wolf. Neben der Automobilindustrie können aus seiner Sicht auch andere Branchen wie Architektur, Medizintechnik oder Tourismus Virtual Reality nutzen – mit anderen Worten: alle Branchen, die mit Konzepten, Entwürfen und Konstruktionsergebnissen befasst sind und dort Entscheidungen treffen müssen. Darum wollen Wolf und sein Team in Zukunft Interessenten beim Aufbau einer eigenen VR-Infrastruktur unterstützen, etwa durch Lieferung von Hard- und Software oder durch den kompletten Betrieb von VR Labs in Kundenauftrag.

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Das Kernteam des VR Labs von IAV in Gifhorn: (v. l. n. r.) Ingo Peters, Christopher Wolf, Anna Lena Wolf, Lars Grotehenne, Stephan Nawitzky

IAV ist bislang der einzige Engineering-Partner, der ein solches VR Lab betreibt. „Es soll die Keimzelle sein, um Virtual Reality als Entwicklungstechnologie bei IAV und in der gesamten Automobilindustrie zu verbreiten“, fasst Wolf zusammen. „Im Idealfall hat in Zukunft jeder Entwickler eine VR-Brille an seinem Arbeitsplatz und kann sich Konzeptstände in 3-D ansehen und bewerten.“ Mit der neuen Anlage in Gifhorn hat IAV einen wichtigen Schritt in diese Zukunft gemacht.


Das Interview erschien in der automotion 02/2019, dem Automotive Engineering-Fachmagazin von IAV. Hier können Sie die autmotion kostenfrei bestellen.