Wie der Strommix die Ökobilanz von E-Autos beeinflusst

In unserem ersten Artikel haben wir etwas platt gefragt, ob es denn immer die größte Batterie sein muss. Warum es ökologisch jedoch sinnvoll sein kann, eine etwas größere Batterie im Fahrzeug zu haben, wollen wir in diesem Beitrag diskutieren.

Kehren wir doch zunächst zurück zu unserer Grafik der Treibhausgas-Emissionen über den Lebenszyklus. In hellblau eingezeichnet erkennen wir das vertraute Bild aus unserer letzten Publikation. Das Elektrofahrzeug schlägt hier mit rund 10 t CO2-Äquivalent in der Herstellung zu Buche, durch die Emissionen des Stroms in der Nutzungsphase kommen wir dann auf rund 23 t CO2-Äquivalent über den Lebenszyklus. Gleichzeitig sind Kurven für eine Nutzung von regenerativer (Windstrom) und vollständig fossiler Energie (Braunkohle und Erdgas) dargestellt. Über den gesamten Lebenszyklus gesehen, bietet der Einsatz von regenerativem Strom durch Windkraft verglichen mit fossilem Strom aus Braunkohle ein Reduktionspotenzial von über 70 % der Treibhausgasemissionen.

grafik strommix E-Autos
Einfluss des Strommixes auf das Treibhauspotenzial eines Elektrofahrzeuges über Laufleistung

Die Frage die man sich nun stellen muss lautet: Unter welchen Umständen landet welcher Strom in meiner Batterie?

Gehen wir einmal von folgendem Gedankenexperiment aus. An einem schönen sonnigen Tag fahre ich mit einem Elektroauto an die Ladesäule, stecke das Kabel ein und just in dem Moment frischt an der Nordseeküste der Wind auf und schiebt Elektronen nach Südbayern in den Akku meines Fahrzeugs. Fantastisch, allerdings vermutlich eher im wörtlichen Sinne. Wo kommt der Strom also her? – Im besten Fall ist es gespeicherte erneuerbare Energie aus einer Form von Speicherkraftwerk, andernfalls wird vermutlich ein Gas- oder Kohlekraftwerk unter höherer Last betrieben um den Strom bereitzustellen. An Möglichkeiten Strom zu speichern, mangelt es derzeit bekanntlich und so ist schlussendlich die Wahrscheinlichkeit hoch, dass kein regenerativer Strom im Fahrzeug ankommt.

E-Autos stützen Energiemanagement

Wie gelingt es mir nun möglichst viel erneuerbaren Strom zu nutzen? – Abhilfe schaffen könnten die Elektrofahrzeuge selbst und ihre Batterien. Das durchschnittliche Auto steht einen Großteil des Tages still. Wäre das Fahrzeug in dieser Zeit an einer Ladesäule angeschlossen, wäre es nicht mehr notwendig, dass es auch tatsächlich immer lädt. Stattdessen könnte das Fahrzeug nur dann aktiv geladen werden, wenn genügend regenerativer Strom erzeugt wird. Dieser Vorgang wird als netzdienliches oder priorisiertes Laden bezeichnet.

Der Energieinhalt einer marktüblichen Traktionsbatterie überschreitet den typischen Tagesbedarf um ein Vielfaches. Im Umkehrschluss benötigt man die komplette, im Fahrzeug gespeicherte Energie nur äußerst selten (beispielsweise bei einer Urlaubsfahrt). Das Fahrzeug ist demnach in der Lage, Strom an andere Verbraucher abzugeben und dennoch den üblichen Kundenwünschen in Sachen Mobilität zu entsprechen. In diesem Fall würde es zuvor gespeicherte regenerative Energie abgeben und den Anteil regenerativer Energien im Stromnetz steigern. Diese Funktion wird Smart-Grid genannt. Wird dieses mit Fahrzeugen realisiert, spricht man vom Vehicle-to-Grid (V2G).

Stellt man sich nun ca. 60 Millionen potenzielle Elektrofahrzeugnutzer in Deutschland vor, die nur 20 Prozent einer vorausgesetzten mittleren Nettokapazität von 60 kWh pro Fahrzeug für Smart-Grid zur Verfügung stellen, ergibt sich ein Pufferspeicher von 720 GWh für erneuerbare Energien. Zum Vergleich verbraucht Deutschland zurzeit am Tag ca. 1.400 GWh, d.h. die zur Verfügung gestellte Speicherleistung entspricht in etwa der Hälfte des gesamtdeutschen Tagesbedarfes.

Fiktion oder Wirklichkeit?

Ihr haltet dagegen, dass das alles aber sehr fiktiv gedacht ist?

Absolut richtig, allerdings stehen die Speicherlösungen wie auch die Einführung der Elektromobilität und der Ausbau der Ladeinfrastruktur noch am Anfang ihrer Entwicklung.

«Das Fahrzeug gleicht über die Ladestation auf dem Firmenparkplatz aktiv Lastspitzen im Stromnetz aus. Idealerweise verdient das Fahrzeug beim Parken zusätzlich Geld.»

Ganz und gar nicht fiktiv aber ist das Forschungsprojekt i-rEzEPT, indem Vehicle-to-Grid (V2G) Anwendungen erprobt werden. Mit Fahrzeugen von Nissan, die gegenwärtig schon in der Lage sind solche Funktionen technisch umzusetzen, werden Elektroautos in öffentliche und private Stromnetze integriert. Dabei wird das Elektrofahrzeug auch im privaten Eigenheim zur Speicherung und zur Abgabe von Strom genutzt. Was das finanziell für die Kunden von Elektrofahrzeugen bedeutet, ist weiterführender Bestandteil des Projekts.

Diese Vorstellung gefällt mir: Ich nehme in der Früh mein Elektroauto von der Ladestation, fahre mit ausreichend Ladung für meinen Arbeitsweg und andere typische Strecken ins Büro und während ich dort „untätig“ herumsitze, gleicht das Fahrzeug über die Ladestation auf dem Firmenparkplatz aktiv Lastspitzen im Stromnetz aus. Idealerweise verdient das Fahrzeug beim Parken zusätzlich Geld (23 Stunden am Tag!). Wenn ich dann nach der Arbeit wieder zu Hause angekommen bin, verbinde ich das Fahrzeug mit der Ladestation und nachts während ich schlafe – ihr ahnt es schon – verdient das Elektroauto ebenfalls Geld.

V2G bietet aus unserer Sicht ein erhebliches Potenzial, erneuerbar erzeugten Strom besser zu speichern und zu nutzen. Ebenfalls sind mit dieser Methodik vielfältige Geschäftsmodelle erschließbar.

Aber das ständige Laden und Entladen der Batterie – geht das nicht zu Lasten des Akkus meines Elektroautos (siehe Smartphone)?

Dies ist unter anderem von der Batteriegröße abhängig. Für V2G-Anwendungen eignen sich größere Traktionsbatterien, da mehr Energie ins Fahrzeug gespeist und wieder aus der Fahrzeugbatterie abgegeben werden können. Dem Zusammenhang zwischen Lebensdauer, Kapazität und Zyklenzahl widmen wir uns in einem der nächsten Artikel.

Doch davor wollen wir zunächst der Frage nachgehen, wo der CO2-Rucksack der Batterie eigentlich herkommt?

Hattet ihr schon einmal Kontakt zu Smart-Grid Anwendungen oder findet das Thema generell interessant und zukunftsfähig? Oder – wie sieht es mit anderen Speichern von erneuerbaren Energien aus? Wir freuen uns auf Eure Kommentare.