WiFi plus LiFi

Vom Scheinwerfer zum smarten Aggregat: optische Datenübertragung zwischen Fahrzeugen

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Ohne vernetzte Fahrzeuge sind Innovationen wie das autonome Fahren oder Platooning nicht denkbar. Bisher kommen für die Car2X-Datenübertragung nur funkbasierte Verfahren wie WLAN zum Einsatz. Sichtbares und infrarotes Licht sind eine attraktive Ergänzung: Die optische Vernetzung von Fahrzeugen bietet hohe Datenraten, kurze Verzögerungszeiten und ein hohes Maß an Robustheit gegen Manipulation und unbefugtes Lesen. IAV beschäftigt sich seit 2014 mit diesem Thema und treibt den Serieneinsatz unter anderem gemeinsam mit dem Scheinwerferhersteller ZKW voran.

Stand der Technik bei der Car2Car-Vernetzung ist der Einsatz von WLAN im Frequenzbereich zwischen 5,85 und 5,925 GHz (IEEE 802.11p). Die Technik ist bewährt, erlaubt hohe Datenraten, erfordert für den Verbindungsaufbau keinen Sichtkontakt und lässt sich bei fast allen Fahrzeugplattformen einsetzen. Sie hat aber auch Schwächen: Neben der elektromagnetischen Verträglichkeit können der eng begrenzte Frequenzbereich, manipulierte Signale und Übertragungsfehler zum Problem werden. Gesucht werden daher alternative Übertragungswege, welche die bestehende WLAN-Kommunikation ergänzen können.

Hier kommt die optische Datenübertragung ins Spiel: Statt Funkwellen für die Übertragung zu nutzen, moduliert man in diesem Fall sichtbares oder infrarotes Licht, das von einem Sender zu einem Empfänger übertragen wird. Bekanntestes Beispiel dafür ist das Morsen mit Lichtsignalen, das heute noch zur Kommunikation zwischen Schiffen eingesetzt wird. „Im vernetzten Fahrzeug könnte man einen Laser oder eine LED als Lichtquelle nutzen, während eine Fotodiode oder ein Fototransistor die Signale empfangen“, erklärt Dr. Timo Denker, Entwicklungsingenieur bei IAV im Bereich Vehicle Integrated Functions.

Optische Deichsel ermöglicht Platooning

Praktischerweise sind Fahrzeuge bereits heute mit zahlreichen Lichtsendern ausgestattet: Front- und Nebelscheinwerfer, Heckleuchten und Seitenblinker. „Die optische Kommunikation ließe sich also ohne größeren Eingriff in die bestehende Fahrzeugstruktur realisieren“, sagt Tino Pöhlandt, der ebenfalls als Entwicklungsingenieur in diesem IAV-Bereich arbeitet. Durch die gerichtete Datenübertragung nach vorne oder nach hinten könnte ein Fahrzeug beispielsweise vorausfahrende bzw. folgende Verkehrsteilnehmer identifizieren, den gegenseitigen Abstand und die Relativgeschwindigkeit ermitteln, Verkehrsinformationen austauschen oder spezielle Fahrerwünsche wie Überholen, Spurwechsel oder eine Geschwindigkeitsanpassung übertragen. Für das Platooning – das automatisierte Fahren in Kolonnen mit sehr geringen Abständen – könnte die neue Technik eine „optoelektronische Deichsel“ ermöglichen: Per Datenübertragung werden alle Fahrzeuge auf dem immer gleichen Abstand gehalten – ganz genauso, wie eine mechanische Deichsel zum Beispiel einen Lkw mit seinem Anhänger verbindet.

In puncto Sicherheit bietet die Übertragung im sichtbaren oder infraroten Bereich deutliche Vorteile: Durch den großen Öffnungswinkel von Funkantennen sind WLAN-Signale in einem großen Radius um das Fahrzeug herum zu empfangen und manipulierbar. Im Gegensatz dazu sind die Lichtsignale nur in einem sehr begrenzten Öffnungswinkel von ca. 25 Grad zu empfangen. Zudem muss sich ein potenzieller Angreifer mit seiner Lichtquelle und seinem Empfänger im Öffnungswinkel des LiFi- Moduls befinden, um manipulierte Signale einzubringen. Lichtimpulse außerhalb des Öffnungswinkels werden als Störimpulse gefiltert und ignoriert.

Die optische Datenübertragung zwischen Fahrzeugen bietet sich aber nicht nur für den Transport besonders sicherheitskritischer Informationen an – sie kann auch als Redundanzkanal genutzt werden, über den die gleichen Daten übertragen werden, die parallel auch per WLAN von Fahrzeug zu Fahrzeug gehen. In diesem Szenario würden der optische und der Funkempfänger die eingehenden Bitströme vergleichen und bei Differenzen Alarm schlagen. Ebenfalls denkbar ist eine Aufgabenteilung zwischen WLAN und Lichtübertragung: So könnte die Authentifizierung der Kommunikationspartner extrem schnell auf dem optischen Kanal erfolgen, während die eigentlichen Informationen via Funk übertragen werden.

IR-Kommunikation derzeit weniger störanfällig

Allerdings führt die Übertragung durch Lichtsignale auch zu neuen Herausforderungen. So muss die Übertragungssicherheit auch bei Sonnentiefstand, Regen, Schnee und Nebel immer gewährleistet sein. Bisher sind die Störungen durch solche Umwelteinflüsse im sichtbaren Bereich noch zu groß – sie lassen sich durch Verbesserungen bei Sendern, Empfängern und Modulationsverfahren in Zukunft aber vermutlich weiter verringern. Weniger anfällig ist die Kommunikation über infrarotes Licht, für die zum Beispiel das Fraunhofer IPMS in Dresden Module mit Datenraten von maximal 12,5 Gigabit pro Sekunde entwickelt hat. Sie sollen Fertigungsroboter in Industriehallen vernetzen.

IAV untersucht bereits seit 2014 das Potenzial der optischen Kommunikation. Ziel ist es, ein Modul für die Datenübertragung zwischen Fahrzeugen zu entwickeln und im Praxiseinsatz zu testen. Gemeinsam mit dem österreichischen Scheinwerferhersteller ZKW arbeiten die IAV-Experten an diesem Thema. Untersucht wird die Machbarkeit eines Lkw-Platoons (SAE Level 4) auf autobahnähnlichen Straßen. Fernziel ist die Umwandlung der standardmäßigen Beleuchtungsquellen in smarte Kommunikationseinheiten auf Basis von sichtbarem und nicht sichtbarem Licht, sodass sich die Fahrzeugbeleuchtung als neuer Kanal für die Car2XKommunikation im Nahbereich etablieren kann. Dann käme zur „Wireless Fidelity“ (WiFi) die „Light Fidelity“ (LiFi) als ein weiterer Kanal für die Datenübertragung hinzu.

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