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IAV hat das Potenzial von Wasserstoffverbrennern mit Niederdruckdirekteinblasung untersucht und präsentiert die Ergebnisse auf dem Aachen Colloquium für nachhaltige Mobilität. Der Schlüssel zum Serieneinsatz der Technologie ist die Homogenisierung des Gemischs.
Christian Buck, Oktober 2022
Neben rein batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) bietet auch der Wasserstoffantrieb eine mögliche Alternative zur Verbrennung fossiler Kraftstoffe. Als Alternative zum BEV stehen häufig Brennstoffzellenfahrzeuge (FCEV) im Mittelpunkt der Diskussion, aber auch der mit Wasserstoff betriebene Verbrennungsmotor (H2-ICE) sollte nicht aus dem Blick geraten – kann er doch zumindest kurz- bis mittelfristig mit einer höheren Lebensdauer, einer größeren Robustheit gegenüber schlechten Kraftstoffqualitäten und geringeren Kosten im Vergleich zur Brennstoffzelle punkten.
„Vor allem im Bereich der leichten und schweren Nutzfahrzeuge ermöglicht der Wasserstoffverbrennungsmotor als Brückentechnologie eine CO2-freie Mobilität“, sagt Marc Sens, Fachbereichsleiter Powertrain Research and Technology bei IAV.
40 Prozent mehr Leistungsdichte
IAV hat deshalb das Potenzial von Wasserstoffverbrennungsmotoren mit Niederdruckdirekteinblasung (LP-DI) untersucht – und damit ein bisher ungelöstes Problem erneut unter die Lupe genommen: Bisherige Wasserstoffverbrenner setzten auf Saugrohreinblasung (PFI), die aber eine schlechte Leistungsdichte aufweist. Dieses Problem hat die Direkteinblasung nicht: Sie liefert im Vergleich zur PFI rund 40 Prozent mehr Leistung pro Volumen. Zudem vermeidet sie das Risiko von Rückzündungen im Einlasskanal. „Dank der Direkteinblasung erleben wir derzeit eine regelrechte Renaissance des Wasserstoffverbrennungsmotors“, berichtet Maximilian Brauer, Senior-Fachreferent Powertrain Calibration and Technology bei IAV.
Die Niederdruckdirekteinblasung bietet ein hohes Volllastpotenzial, erfordert aber auch eine ausgefeilte Gemischaufbereitung. Um hier Fortschritte zu erzielen, haben die IAV-Experten die Direkteinblasung einerseits mit der Schlierentechnik visualisiert und andererseits umfangreiche CFD-Simulationen zum Verhalten des Wasserstoffs im Brennraum durchgeführt.
Untersucht wurden unter anderem unterschiedliche Z-Positionen der Einblasdüse. Schließt sie bündig mit dem Zylinderkopf ab, lagert sich der Wasserstoff teilweise am oberen Rand des Brennraums an (Coandă-Effekt), was zu einer schlechten Gemischbildung führt. Auch eine leicht versenkte Düse ist nicht optimal, weil diese Variante einen geringen Spraywinkel und eine ungünstige räumliche Sprayverteilung zur Folge hat. Ragt die Düse hingegen leicht in den Brennraum hinein, ergibt sich ein besseres Mischverhältnis.
Neue Düsengeometrien erforderlich
Eine weitere wichtige Erkenntnis: Herkömmliche Düsengeometrien sind nicht in der Lage, das Gemisch ausreichend zu homogenisieren. Wasserstoff mischt sich deutlich schlechter mit Luft als flüssige Kraftstoffe, die die Brennraumladung während ihrer Verdampfung durchdringen und lokal ein hohes Homo genisierungsniveau aufweisen. Stattdessen findet bei Wasserstoffeinblasung eher eine Verdrängung der Ladung statt, und ein Großteil des Wasserstoffs kann sich nicht ausreichend mit Ladungsluft vermischen. Als Gegenmaßnahme empfiehlt sich eine Strahlkappe über dem Einblasventil, die mehrere Löcher aufweist und so den Wasserstoff besser im Brennraum verteilen kann. In Vorstudien wurden Kappen mit bis zu vier (experimentell) beziehungsweise bis zu zwölf Löchern (simulativ) untersucht.
Mit einer 3-D-CFD-Simulation haben die IAV-Experten schließlich die Homogenität des Gemischs im Motor berechnet, wobei eine Strahlkappe mit vier Löchern die besten Ergebnisse lieferte. Insgesamt zeigte sich, dass die Homogenität sehr stark von der Position des Injektors, dem Kappendesign und dem Drall-Level abhängt. „Die Homogenisierung des Gemischs ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Serienentwicklung“, sagt Dr. Jochen Maass, Fachreferent Fuel Systems bei IAV. Denn so lassen sich die Stickoxid-Rohemissionen und die Klopfneigung spürbar verringern. Darum arbeitet der Tech Solution Provider weiter daran, die selbst gesteckten Homogenitätsziele zu erreichen.
Unsere Experten zum Thema
Marc Sens
marc.sens@iav.de
Maximilian Brauer
maximilian.brauer@iav.de
Jochen Maass
jochen.maass@iav.de