Elektromobilität hat großes Potenzial zur Reduzierung des Energieverbrauchs und der Emissionen – vorausgesetzt, die CO2-Intensität der Stromproduktion sinkt und die Fahrzeugflotte ist stark mit batterieelektrischen Antrieben durchdrungen. Analysen von öffentlich zugänglichen Daten seriöser Institutionen wie der Internationalen Energieagentur (IEA) und der Weltbank, in Verbindung mit Prognosen zur Entwicklung des Straßenverkehrs, zeigen, dass auch bei 25 Prozent batterieelektrischer Fahrzeuge in 2035 etwa 26.000 TWh Energie aus fossilen Quellen benötigt werden. Um deren Anteil größtmöglich zu verringern, sind regenerative Kraftstoffe synthetischen oder biologischen Ursprungs erforderlich.
Wasserstoff, Methanol und Ammoniak im Fokus
Neben biologischen Kraftstoffen sowie synthetischem Diesel und Benzin, die uneingeschränkt in fossile Kraftstoffe eingemischt werden oder diese auch substituieren können, sind Wasserstoff, Methanol und Ammoniak drei vielversprechende erneuerbare Kraftstoffe, die in der Diskussion um die Zukunft des Straßenverkehrs und des Transportsektors allgemein eine zentrale Rolle spielen. Doch welcher dieser Kraftstoffe ist besonders vielversprechend? Kriterien sind dabei vor allem deren Eigenschaften bei der Verbrennung in einem Verbrennungsmotor, also Emissions- und Wirkungsgradniveau, Speicher- und Transportfähigkeit, Energieaufwand bei der Herstellung sowie deren Kosten. Von entscheidender Bedeutung ist dabei aber der Wirkungsgrad der Gesamtkette, von der Bereitstellung des erneuerbaren Stroms bis zur Umsetzung des erzeugten synthetischen Energieträgers im Verbrennungsmotor.
Eine Studie von IAV, vorgestellt auf dem 46. Wiener Motoren Symposium, hat den Lebenszyklus dieser Kraftstoffe untersucht. Ziel ist es, den Wirkungsgrad von der Energieerzeugung bis zur Nutzung im Fahrzeug zwischen Wasserstoff, Methanol und Ammoniak vergleichen sowie anhand dieser Daten den gesamten Produktionsprozess und deren Nutzung optimieren zu können. Darüber hinaus können die so gewonnenen Daten auch eine Entscheidungsfindung für die Festlegung auf einen dieser Energieträger unterstützen.
Grundlage der Studie ist ein physico-chemischer digitaler Zwilling der Produktionsprozesse aller drei Kraftstoffe, der dafür bei IAV entwickelt wurde. Neben jedem einzelnen Produktionsschritt, von der Wasserstoffherstellung mit verschiedenen Elektrolyseverfahren, der Stickstoffabscheidung für die Herstellung von Ammoniak über die Syntheseverfahren zur Produktion von Ammoniak und Methanol, werden auch unterschiedliche Kohlenstoffabscheideverfahren sowie Transportoptionen und Speichertechnologien detailliert analysiert.
Um auch die Nutzungsphase der Kraftstoffe bewerten und optimieren zu können, wurden spezifische phänomenologische Verbrennungsmodelle für die drei vorgenannten Kraftstoffe bei IAV entwickelt. Mit deren Hilfe ist es möglich, optimale Konfigurationen der Verbrennungsmotoren zu definieren, wodurch der Energieinhalt der Kraftstoffe so effizient wie möglich in mechanische Energie am Rad gewandelt werden kann.

Effizienzvergleich
Die Studie zeigt, dass ein mit Ammoniak betriebener Motor im Vergleich zu solchen mit Methanol und Wasserstoff betriebenen einen deutlich höheren Wirkungsgrad erreicht. Dies ist in den spezifischen Kraftstoffeigenschaften zu suchen. Mit Ammoniak erreicht der Motor einen maximalen effektiven Spitzen-Wirkungsgrad von etwa 48 Prozent, was über dem Niveau von Dieselmotoren liegt. Bei Betrieb mit Methanol werden im gleichen 6-Zyl.-Nutzfahrzeug-Motor mit 12l Hubvolumen etwa 47 Prozent erreicht. Trotz vieler wirkungsgradsteigernder Eigenschaften, wie z. B. der hohen laminaren Flammengeschwindigkeit, kann mit Wasserstoff in einem Motor mit Direkteinblasung und vorgemischter Verbrennung nur ein Wirkungsgrad von ca. 41 Prozent erreicht werden.
Die drei sehr unterschiedlichen Wirkungsgradpotenziale werfen nun die Frage auf, ob der Kraftstoff, der bei seiner Nutzung die höchsten Wirkungsgrade erreichen lässt, auch mit dem geringsten Aufwand zu produzieren sowie zu transportieren und verteilen ist.
Wird von einer Produktion und auch Nutzung der drei Kraftstoffe in Deutschland, z. B. Berlin, ausgegangen, so zeigt sich, dass die Herstellung von Wasserstoff aus erneuerbarem Strom bis zur Bereitstellung an der Tankstelle mit der höchsten Effizienz erfolgt. Bei optimiertem Gesamtprozess wird ein Wirkungsgrad von 52 Prozent erreicht, während Ammoniak mit ca. 44 Prozent und Methanol mit ca. 43 Prozent Wirkungsgrad produziert werden können. Werden die motorischen Wirkungsgrade inkludiert, dann erreichen Wasserstoff und Ammoniak jeweils ca. 21 Prozent Gesamteffizienz und Methanol ca. 20 Prozent.

Standortabhängige Effizienz von erneuerbaren Kraftstoffen
Da in Deutschland absehbar nicht genügend regenerative Stromproduktion erfolgen wird, sind Energieimporte aus Regionen mit hohem regenerativen Strompotenzial unausweichlich.
Wird insofern nun der Produktionsstandort, bei gleichem Nutzungsstandort, von Berlin nach Agadir in Marokko verlegt, so ergibt sich ein völlig anderes Ranking als bei lokaler Produktion. Wasserstoff kann nur noch mit einer Effizienz von ca. 17 Prozent produziert und genutzt werden, während Ammoniak und Methanol jeweils noch um ca. 1 Prozentpunkt zulegen können. Zurückzuführen ist das auf die hohe Energiemenge, die für die Verflüssigung von Wasserstoff nötig ist. Immer wenn keine Pipelineverbindung vorhanden ist, muss für den Schiffstransport diese Verflüssigung gewählt werden. Es zeigen sich also je nach Produktionsstandort große Unterschiede und das gilt auch für z. B. den Einsatz verschiedener Elektrolyse- oder Kohlenstoffabscheideverfahren. Detaillierte Ergebnisse können in der Veröffentlichung von IAV nachgelesen werden.
Auch wenn die aufgezeigten Differenzen klein erscheinen, so bedeuten sie aber einen großen Unterschied in der Anzahl errichteter Anlagen zur Produktion grünen Stroms. Da diese bei ihrer Errichtung ein erhebliches CO2e-Potenzial mit sich bringen, ist der Produktionsstandort von entscheidender Bedeutung. Da die sogenannten Kapazitätsfaktoren von Anlagen zur Produktion erneuerbarer Energie in Regionen mit hohem regenerativem Energiepotenzial, ca. zwei- bis dreimal höher als in Mitteleuropa sind, ist mit der Hälfte bzw. einem Drittel der Anlagenanzahl die gleiche Menge Energie bzw. Kraftstoffe produzierbar.
Das somit aufgrund geringerer Anlagenbauten vorhandene CO2e-Reduktionspotenzial bedeuten einen immensen Geschwindigkeitsvorteil in der Transformation hin zur Nutzung erneuerbarer Energien im Transportsektor. Fazit: Für die schnellste Reduktion der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor, auch und insbesondere im Straßenverkehr, werden synthetische Kraftstoffe umfassend und umgehend benötigt.