Elektroauto-Reichweiten: Die Krux mit der Ökobilanz

Die Klimafreundlichkeit von Elektrofahrzeugen, respektive ihre augenscheinliche Klimaschädlichkeit wird in der Presse quasi täglich konstatiert. Manchmal wird dabei auch Bezug auf Ökobilanzen genommen, die Mal grandios und Mal furchtbar für das E-Fahrzeug ausfallen.

Schwerpunktmäßig geht es uns um das Thema Ökobilanzen und die Klimaziele 2050. In Textbeiträgen stellen wir Auszüge aus Ökobilanzen bzw. Sensitivitäten von Ergebnissen dar, die den Leser über technische Zusammenhänge informieren, diese ökologisch quantifizieren und zur Diskussion einladen sollen.

Im vorliegenden Beispiel beschäftigen wir uns mit der Reichweite bzw. Batteriegröße von Elektrofahrzeugen. Beide Parameter stehen in direktem Zusammenhang, je höher die Kapazität des Lithium-Ionen-Akkumulators in einem Elektrofahrzeug, desto mehr Kohlenstoffdioxid-Äquivalente entstehen bei dessen Herstellung. Auch die Reichweite, eines der Schlüsselkriterien für potenzielle Käufer von Elektrofahrzeugen, ist direkt von der Kapazität des elektrochemischen Energiespeichers abhängig. Kurzum, die Kapazität des Akkumulators ist der entscheidende Faktor bei einem Elektrofahrzeug.

Oftmals wird eine Aussage über die positive oder negative Umweltperformance von Elektrofahrzeugen anhand eines ökobilanziellen Vergleiches mit verbrennungsmotorisch betriebenen Fahrzeugen über Lebenszyklus vorgenommen. In Bild 1 ist ein Elektrofahrzeug des C-Segmentes mit einem Energieinhalt von 36 kWh mit zwei verbrennungsmotorisch angetriebenen Konkurrenzfahrzeugen über eine Laufleistung von 200.000 Kilometern gegenübergestellt.

Dabei werden die absoluten Treibhausgasemissionen in kg CO2–Äquivalenten in Abhängigkeit der einzelnen Lebenszyklusphasen der Fahrzeuge beschrieben. Die dargestellten Werte der Herstellungsphase sind als qualifizierte Abschätzungen zu verstehen, sie können sich in Abhängigkeit des untersuchten Werkstoffkonzeptes und des Produktionsstandortes erheblich unterscheiden. Die Unterschiede zwischen verbrennungsmotorischen und elektrischen Fahrzeugen sollten sich allerdings in der dargestellten Größenordnung bewegen.

Anhand der drei Verläufe lassen sich die THG-Emissionen der Fahrzeugkonzepte sowie deren Unterschiede in den einzelnen Lebensphasen erkennen. Der Einfluss der Herstellung eines Elektrofahrzeugs auf die Treibhausgasemissionen, der überwiegend durch die Produktion der Batterie bestimmt wird, ist verglichen mit den Verbrennern deutlich höher.

Grafik Batteriekapazität
Ökobilanzieller Vergleich zwischen verschiedenen Antriebsarten eines Fahrzeugsegmentes

Während der Nutzungsdauer im Fahrbetrieb nähern sich die Verläufe von Verbrennern und Elektrofahrzeug an, bis es zu einem Punkt kommt, ab dem das Elektrofahrzeug die Linie der Verbrenner durchbricht. Diese mit A und B markierten Punkte in Bild 1 stehen gleichbedeutend für die Zeitpunkte im Lebenszyklus, ab dem das Elektrofahrzeug pro weiteren gefahrenen Kilometer ökobilanziell bessergestellt ist, als die Benzin- und Dieselkonkurrenz. Da die treibhausgasbezogene Höhe des Anfangspunktes der blauen Linie des Elektrofahrzeugs ausschließlich von den Produktionsemissionen abhängt, führt eine Erhöhung dieser Emissionen durch die Vergrößerung der Batterie zu einer Verschiebung des Break-Even-Points im Lebenszyklus.

Deutlich wird dieser Zusammenhang in Bild 2. Darin sind die Break-Even-Points von vier Elektrofahrzeugen mit unterschiedlich großen Batterien im Vergleich zu den beiden verbrennungsmotorisch angetriebenen Fahrzeugen dargestellt.

Grafik Batteriekapazität
Verschiebung der Break-Even-Points in Richtung höherer Laufleistungen

Beispielhaft liegen die Laufleistungen, ab denen ein Elektrofahrzeug mit 62 kWh Energieinhalt treibhausgasbezogene Vorteile gegenüber einem gleichwertigen Benzin- bzw. Dieselfahrzeug erreichen würde bei 105.000 bzw. 150.000 Kilometern.

Die getroffenen Annahmen und verwendeten Datensätze sind in Tabelle 1 nachzuvollziehen.

Demnach sollte die Frage erlaubt sein, ob es immer die große Ausbaustufe der Hochvoltbatterie sein muss? Könnte angesichts der geringen täglichen Laufleistung, die beispielsweise in Deutschland pro Kopf bei durchschnittlich 39 Kilometern liegt, auch mit einer 20 kWh Batterie allen Mobilitätsbedürfnissen Genüge getan werden?

Dies kann nicht eindeutig mit Ja oder Nein beantwortet werden, ohne andere Aspekte zu berücksichtigen.

Themen wie Ladeinfrastruktur

  • Stromnetz
  • zunehmende Energiedichte von Kathodenmaterialien
  • Lebensdauer
  • Ladezeiten und Zyklusstabilität
  • emotionaler Wert des Fahrzeugs

sind wichtige Parameter und werden in künftigen Textbeiträgen unter Nachhaltigkeitsaspekten betrachtet.

Grafik Batteriekapazität
Randbedingungen für den ökobilanziellen Vergleich