Klimazonen im Prüfstand

Reproduzierbare Messergebnisse unter extremen klimatischen Bedingungen werden in der Antriebsentwicklung immer wichtiger, ganz gleich ob für konventionell oder rein batteriebetriebene Autos. Eine neue Methodik von IAV ermöglicht es, mit geringen Kosten und minimalem mechanischem Aufwand fast jeden IAV-Prüfstand, vom klassischen Motoren- bis zum Batterieprüfstand, in einen vollwertigen Klimaprüfstand umzuwandeln.

IAV Klimabox 02

Tiefe Außentemperaturen und eine hohe Luftfeuchtigkeit begünstigen bei der Abgasrückführung beim Verbrennungsmotor die Bildung von Ablagerungen an Bauteilen und können Schäden am Motor herbeiführen. Um die Auswirkungen solcher klimatischen Umweltbedingungen zu untersuchen, nutzen Fahrzeughersteller in der Regel spezielle Prüfanlagen. Deren Terminslots sind jedoch nicht selten rar und sehr teuer, während sich Prüffahrten im Straßenverkehr nur eingeschränkt für relevante Messungen eignen.

Mit der sogenannten „variablen IAV-Klimabox“ lassen sich beispielsweise an Motorprüfständen die Temperatur und Feuchtigkeit als Regelparameter bei Komponententests einstellen. Somit wird an konventionellen IAV-Prüfständen künftig eine größere Prüfungstiefe erreicht, die für die Entwicklung und Absicherung zusätzliche Informationen liefert.

Die IAV-Klimabox mit ihren Abmessungen von 3000 x 3000 x 2500 mm wird auf einem IAV-Prüfstand um den jeweiligen Prüfling aufgebaut, beispielsweise einen Verbrennungsmotor, und durch mobile Kälte- und Klimaaggregate konditioniert. Der nachgerüstete „Klimaprüfstand“ wird zudem in die vorhandene Prüfstand­automatisierung integriert. Dabei reicht das Leistungsspektrum der IAV-Klimabox (10 kW Kälteleistung bei minus 20 °C) über einen Temperaturbereich von minus 20 °C bis plus 15 °C und einer Luftfeuchtigkeit von 10 % bis 90 %.

„Wir wollten eine mobile Anwendung generieren, die es uns erlaubt, eine solche Box von Prüfstand A nach Prüfstand B zu bringen“, erläutert Jörg Jacob, Teamleiter Powertrain System Development bei IAV.

«Diese variable Lösung kann beispielsweise im Dauerlauf oder im Mechanik-Versuch eingesetzt werden oder in der funktionalen Erprobung, ganz wie der oder die Kund:in will.»

Jörg Jacob — Teamleiter Powertrain System Development bei IAV

Auch bei E-Komponenten einsetzbar

Die Entwicklungsthemen beim elektrischen Antriebsstrang nehmen stetig zu, entsprechend steigt die Nachfrage nach Testkapazitäten im Bereich der E-Mobilität. Und auch hier findet die IAV-Klimabox Anwendung, so Ronny Mehnert, Teamleiter Energy & Thermal Management bei IAV.

Auch Batterien sind anfällig für Kondensation, weil feuchte Luft über die halbdurchlässige Membran der Belüftungseinheit Zugang ins System findet. Bei wechselnden Temperaturen schlägt sich das Kondensat nieder und sammelt sich in der Batterie, zum Beispiel beim Überschreiten der Speicherkapazität der Trocknungs­einheit. Neben Hochvoltspeichern gehören auch Brennstoffzellen, Leistungselektronik und Inverter zu kondensatempfindlichen Komponenten.

„Die Variabilität, die die Box hergibt, ist nicht alleine auf Verbrennungsmotoren beschränkt“, sagt Jacob. „Sie bietet unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten, zum Beispiel auch auf E-­Maschinen- und Batterieprüfständen, bei denen man kleine, kostengünstige Einhausungen braucht.“

Die Konstruktion hat ihre Wirksamkeit durch umfangreiche Tests und Simulationen in der Ablagerungs- und Kondensationsthematik bewiesen. Dabei geben die virtuellen Analysen Aufschluss über die Zu- und Abnahme der Kondensatmenge im Verhältnis zur Luftfeuchtigkeit. Mithilfe von 3D-Berechnungen wurden zudem die Entstehungszonen und Transportvorgänge des Wassers im Kühler sowie Rohrsystem bestimmt und dank moderner Topologie Optimierungen und Abhilfemaßnahmen entwickelt, beispielsweise durch Gleichverteilung der Strömung im Kühler oder Wasser­abscheider.

Klar ist: Prüfstände sind für die Qualitätssicherung in der Auto­mobilindustrie von zentraler Bedeutung. Je funktionaler und flexi­bler sie sind, desto größer die Wettbewerbsvorteile, die sich mit ihnen erzielen lassen. Bislang nutzt IAV die Klimabox ausschließlich in Kundenprojekten mit OEMs und Zulieferern an den eigenen Standorten, denkt aber auch an eine Lösung auf Produktbasis.

IAV Klimabox 01

Die Klimabox von IAV – Schnelle Umwandlung eines Motorprüffelds in eine Klimazelle

Vorteile
  • Verwendung eines beliebigen Prüfstands für Baugruppen als konditionierter Prüfstand
  • Kurze Montagezeit
  • Verschiedene virtuelle Fahrzeuge sowie Routen- und Fahrprofile
  • Keine Einschränkungen bei der
  • Verwendung von Abgasmesstechnik
  • Nachgewiesene hohe
  • Vergleichbarkeit der Ergebnisse mit einem Klimaprüfstand
Eigenschaften
  • Isolierter Boden
  • Zugang durch eine Tür
  • Visuelle Überwachung mit
  • Kamerasystem
  • Überwachung durch Prüfstand­automatisierungs­system
Betriebsmöglichkeiten
  • Dynamische Zyklen (z. B. WLTC +20 °C / -7 °C oder Shanghai-Zyklus +35 °C, 90-95 % f möglich)
  • Standard-Dauerprüfstand kann mit einer mobilen Klimabox nachgerüstet werden (z. B. kein Wechsel des Prüfstands für Betriebsbedingungen nahe dem Taupunkt erforderlich)
  • Konditionierung von Kühlwasser-/Ölkreislauf
  • Konditionierung der Ansaugluft
  • Feuchteregelung (stabil) bis 95 % f ab 10 °C