Neuer Schwung für die Mobilitätswende

Eine Softwarelösung von IAV analysiert das Fahrverhalten von E-Autos und gibt Empfehlungen zum Ausbau von Lade- und Strominfrastruktur per Mausklick

Die unzureichende Ladeinfrastruktur bremst das Wachstum der E-Mobilität – denn nur wenn es genügend Ladesäulen an den richtigen Stellen gibt, werden die Menschen auf Elektrofahrzeuge umsteigen. Viele Stromtankstellen führen aber zu einem neuen Problem: Die Stromnetze müssen für die zusätzliche Belastung fit gemacht werden. Eine Softwarelösung von IAV zeigt detailliert, wo die Ladeinfrastruktur verbessert werden muss und wo Netzbetreiber in den Ausbau der Stromversorgung investieren sollten.

Um die optimalen Standorte von Ladesäulen und den erforderlichen Ausbau der Stromnetze zu bestimmen, nutzt die IAV-Software die Daten realer E-Fahrzeugflotten – zum Beispiel von Mobilfunkanbietern, die eine enorme Menge an Fahrten protokolliert haben. Dank GPS-Empfänger und Vernetzung wissen die Unternehmen immer genau, wo und wie lange welches Fahrzeug steht und welche Routen es zurückgelegt hat. „Aus diesen Daten bestimmen wir Quelle-Ziel-Matrizen“, erklärt Dr. Michael Monteforte, Entwicklungsingenieur im Digital Lab von IAV. „Auf dieser Basis ermittelt unsere Software geografische Cluster, an denen viele E-Autos parken.“ Für diese Cluster stehen zahlreiche Informationen zur Verfügung: Wann und wo wurde geparkt? Welche Strecke wurde zurückgelegt? Wie viel Energie war dazu erforderlich? Die Betreiber von Ladesäulen erhalten so Hinweise darauf, an welchen Orten sie ihre bestehende Ladesäuleninfrastruktur ausbauen müssten und über welche Ausstattung die neuen Ladesäulen verfügen sollten. Und nicht nur das: Die Daten zeigen auch, wie hoch die gesamte Ladeleistung aller Fahrzeuge ist – eine wichtige Information für die Stromnetzbetreiber. „Mithilfe von Lastflussberechnungen lässt sich ermitteln, wie hoch die Belastung der Stromnetze durch die Ladesäulen ist“, sagt Nanke Steenhusen, Ingenieur im Stromnetz-Bereich von IAV. „Unsere Software kann für eine bestehende Infrastruktur ermitteln, welcher Ladebedarf nicht gedeckt werden konnte und ob es Hotspots gibt, an denen nachgebessert werden muss. So können die Netzbetreiber abschätzen, welche Teile ihres Stromnetzes sie modernisieren sollten.“

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Berlin 2030: gewaltige Lasten fürs Stromnetz

Am Beispiel Berlin haben die Entwickler die Leistungsfähigkeit ihrer Software demonstriert. Qualitativ waren die Ergebnisse wenig überraschend: In den Randbezirken war die Parkdauer am höchsten, in der Stadtmitte am geringsten. Viel interessanter sind die quantitativen Aussagen: Steigt die Zahl der E-Autos in Berlin bis 2030 wie prognostiziert auf 250.000, sind bei gleichbleibendem Mobilitätsverhalten alleine an stark frequentierten Orten wie Alexanderplatz, Kurfürstendamm und Potsdamer Platz jeweils 100 neue Stromtankstellen nötig – mit gravierenden Auswirkungen auf das Stromnetz: „In Spitzenzeiten wie etwa am frühen Abend treten gewaltige Lasten von bis zu zwei Megawatt auf“, sagt Steenhusen. „Das stellt völlig neue Herausforderungen an das Stromnetz, denen die Betreiber mit aktivem Lastmanagement und intelligenter Stromnetzplanung begegnen müssen.“

IAV bietet den Betreibern von Ladesäulen und Stromnetzen an, den erforderlichen Ausbau ihrer Infrastrukturen zu berechnen – und auf Wunsch auch die Planung des Stromnetzausbaus zu übernehmen. „Interessant ist unsere Softwarelösung aber auch für die Bewirtschaftung städtischer Parkräume und deren Aufrüstung mit einer Ladeinfrastruktur, zum Beispiel Parkhäuser, Tiefgaragen von Mietshäusern und großflächige Mitarbeiterparkplätze“, so Steenhusen. „Außerdem können wir unsere Analysen auch für Brennstoffzellenfahrzeuge durchführen und so die Lieferkette für Wasserstoff optimieren.“

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