Out of Space: Anschluss unter dieser Nummer
Eine knifflige Aufgabe: Angetrieben von der Energie aus Brennstoffzellen soll eine unbemannte Plattform aus der Stratosphäre Funklöcher am Boden schließen. Ein Brennstoffzellensystem, das unter den Umgebungsbedingungen der Stratosphäre einsatzbereit ist, gibt es jedoch nicht. Eigentlich. Eine kurze Geschichte darüber, wie IAV das Problem gelöst hat.


Um die Umwelt nicht zu belasten, soll die Drohne möglichst lange unterwegs sein können und zudem einen umweltfreundlichen Antrieb haben – genau diese Anforderungen erfüllt ein Brennstoffzellensystem. Damit soll die Plattform emissionsfrei neun Tage am Stück fliegen können. Eine ideale Lösung – wenn da nicht die extremen Umgebungsbedingungen in der Höhe wären: Damit Brennstoffzellen optimal arbeiten können, benötigen sie einen Überdruck und eine Kühlwassertemperatur von rund 70 Grad Celsius. In der Stratosphäre herrschen allerdings extrem niedriger Luftdruck sowie Temperaturen von -60 Grad Celsius und weniger. Und natürlich muss auch der Steig- und Sinkflug der Drohne in die Stratosphäre reibungslos klappen.
Um die Idee zum Fliegen zu bringen und zunächst das Konzept für das Brennstoffzellensystem zu entwickeln und dann einen Funktionsnachweis zu bekommen, wandte sich SPL an IAV. „Das war schon eine Herausforderung für uns, auch mit Blick auf die extreme Einsatzumgebung“, sagt Katharina Schütte, Teamleiterin Entwicklung Brennstoffzellensysteme, die das Projekt federführend verantwortete. In eineinhalb Jahren gelang es, das System auszulegen – gestützt durch die IAV-Brennstoffzellensystem-Simulation – und dann den Demonstrator aufzubauen.

«Von der Idee, über den Aufbau bis zur Inbetriebnahme und dem Funktionsnachweis haben wir das gesamte Projekt bei IAV bearbeitet – der Traum eines jeden Ingenieurs.»
— Teamleiterin Entwicklung Brennstoffzellensysteme bei IAV
Für den Funktionsnachweis am Boden wurden hauptsächlich Komponenten aus der Automobilindustrie verbaut, da sich diese bereits bewährt haben.
Bei dem Projekt arbeitete das Team von Katharina Schütte eng mit den IAV-Experten für vernetzte Software zusammen. Zudem war mit der Pankl Turbosystems GmbH ein externer Partner mit an Bord, der für das Projekt einen mehrstufigen Verdichter entwickelt hat. Die Inbetriebnahme dieses komplexen Systems erfolgte gemeinsam mit dem Partner am IAV-Brennstoffzellenprüfstand. Durch den mehrstufigen Verdichter gelang es, beim Lufteintritt in den Brennstoffzellenstapel einen Überdruck zu erzeugen. „Durch den Verdichter arbeitet die Brennstoffzelle wie am Boden. Der niedrige Atmosphärendruck in der Stratosphäre wird durch das System ausgeglichen“, sagt Schütte. Herausfordernd bei der Entwicklung der Systemverschaltung und -steuerung war dabei die Anforderung, dass das Brennstoffzellensystem auch im Steig- und Sinkflug die geforderte Leistung bereitstellen muss. Das System muss damit bei 1 bar Umgebungsdruck ebenso funktionieren wie bei 70 mbar in der Stratosphäre.

Die IAV-Experten für vernetzte Software entwickelten darüber hinaus die Steuerung für das System und setzten diese auf Basis des Steuergeräts Dragoon um, einer Eigenentwicklung von IAV. Auf dem Prüfstand waren dann die Kolleginnen und Kollegen noch einmal gefordert – denn um die Bedingungen in der Stratosphäre am Lufteintritt der Brennstoffzellen zu simulieren, mussten einige Änderungen am Prüfstand vorgenommen werden. „Alles ist sehr gut gelungen. Und am Ende haben wir gezeigt: Der Demonstrator ist am Boden unter simulierten stratosphärischen Bedingungen funktionstüchtig“, sagt Schütte. Laut SPL sollen sich die ersten unbemannten Plattformen 2024 auf den Weg in die Stratosphäre machen. Das Ende der Funklöcher ist nicht mehr weit.
Der Artikel erschien in der automotion 01/2021, dem Automotive Engineering-Fachmagazin von IAV. Hier können Sie die automotion kostenfrei bestellen.
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