Wenn jede Sekunde zählt: IAV präsentiert digitalen Gesundheitsassistenten für Autofahrer

12.06.2021  — 

Berlin. Mit steigendem Durchschnittsalter der Autofahrer nimmt die Wahrscheinlichkeit krankheitsbedingter Notfälle hinter dem Steuer zu. Zugleich können viele Menschen mit Vorerkrankungen das Auto nicht oder nur eingeschränkt nutzen. Der Engineering-Spezialist IAV hat gemeinsam mit der Universität Oldenburg einen digitalen Assistenten entwickelt, der den Gesundheitsstatus des Fahrers beobachtet, von Kurzatmigkeit bis Herzinfarkt Veränderungen treffsicher detektiert – und im Notfall automatisiert Rettungsmaßnahmen einleitet.

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Moderne Autos verfügen über eine große Bandbreite an Sicherheitssystemen, um Fahrer und Passagiere bestmöglich zu schützen. Mit jedem Modell kommen weitere Features hinzu. Bis heute spielen jedoch Systeme, die den Gesundheitsstatus des Fahrers beobachten und im Ernstfall reagieren, im Fahrzeug kaum eine Rolle.

„Existierende Assistenzsysteme wie Müdigkeits- oder Emergency-Assist-Programme wissen praktisch nichts über den Gesundheitszustand des Fahrers. Sie greifen damit in Gesundheitsnotfällen nicht oder zu spät ein“, sagt Mark Busse, Abteilungsleiter Connected Systems Integration bei IAV.

«Mit dem von uns entwickelten Gesundheitsassistenten stellen wir sowohl die Vitaldaten des Fahrers wie auch Abweichungen vom individuellen Fahrverhalten ins Zentrum der Entscheidung, ob und in welchem Maß das Fahrzeug einschreitet.»

Mark Busse — Abteilungsleiter Connected Systems Integration bei IAV

IAV hat den digitalen Gesundheitsassistenten unter dem Namen „The Car That Cares“ entwickelt und in einem handelsüblichen Pkw erfolgreich getestet. Die Universität Oldenburg kooperierte für dieses Projekt mit IAV und unterstützten bei der Sensorik, der Erkennung von medizinischen Notfällen und der Bewertung von Medizinprodukten.

The Car That Cares besteht aus mehreren Komponenten: einem zertifizierten Brustgurt, der Puls und Atemfrequenz erfasst, einer KI-gestützten und im Fahrzeug implementierten IAV-Software sowie einer intelligenten und gesicherten IAV-Cloud-Infrastruktur. Dank des modularen Aufbaus des Systems ist zu einem späteren Zeitpunkt auch die Integration weiterer Messsysteme und Sensoren möglich, etwa zur Bestimmung der Sauerstoffsättigung und der Zuckerwerte. Die abgesicherte Dateninfrastruktur lässt sich flexibel gestalten und damit auf die Datenschutzbestimmungen des jeweiligen Landes anpassen.

In der Cloud analysiert eine von IAV entwickelte KI die Gesundheits- und Fahrzeugdaten, erstellt ein digitales Fahrerprofil und übermittelt relevante Schwellwerte an das Fahrzeug. Sobald die KI-gestützte Software im Fahrzeug erkennt, dass die Daten des Fahrers vom Normalzustand abweichen und zum sicherheitskritischen Faktor werden können, aktiviert sie die Assistenz- und Automatisierungsfunktionen des Fahrzeugs. Die Machine Learning Algorithmen sind so trainiert, dass sie on- und offline Anomalien im Gesundheitszustand des Fahrers erkennen. Dazu gehören leichte bis schwere Einschränkungen und Notfälle wie beispielsweise Atemnot, Herzinfarkt oder Bewusstseinsverlust.

«Das System reagiert konsequent, aber zugleich angemessen auf die Situation. In leichter Atemnot etwa warnt das System den Fahrer über das Infotainment-System und aktiviert bei Bedarf den Spurassistenten und verringert die Geschwindigkeit. Bei Notfällen wie einem Herzinfarkt oder gar einem Bewusstseinsverlust kommt das Fahrzeug sicher am Straßenrand zum Halt und setzt einen eCall ab.»

Jens Schulze — Abteilungsleiter Data Analytics & Fleet Validation bei IAV

Der Fahrer hat jederzeit die Möglichkeit, die eingeleiteten Maßnahmen zu stoppen.

Der Gesundheitsassistent aus zertifiziertem Brustgurt, Software und Cloud-Anbindung lässt sich sowohl in die bestehende Softwarearchitektur moderner Serienfahrzeuge einbinden, als auch in der Entwicklungsphase neuer Modelle integrieren. Auch der Einsatz in Nutzfahrzeugen bietet sich an: The Car That Cares könnte die Vitaldaten von Lastwagen- und Busfahrern beobachten, bei kritischen Veränderungen warnen – und im Notfall die tonnenschweren Fahrzeuge sicher zum Halten bringen.

Über IAV

IAV ist mit mehr als 8000 Mitarbeitern einer der weltweit führenden Engineering-Partner der Automobilindustrie. Das Unternehmen entwickelt seit über 35 Jahren innovative Konzepte und Technologien für zukünftige Fahrzeuge und setzte 2020 rund 896 Mio. Euro um. Zu den Kunden zählen weltweit alle namhaften Automobilhersteller und Zulieferer. Neben Fahrzeug- und Antriebsentwicklung ist IAV bereits frühzeitig in die Elektromobilität und das autonome Fahren eingestiegen und ist heute einer der führenden Entwicklungsdienstleister auf diesen Gebieten. Neben den Entwicklungszentren in Berlin, Gifhorn und Chemnitz/Stollberg verfügt IAV über weitere Standorte u.a. in München, Sindelfingen und Ingolstadt sowie in Europa, Asien als auch in Nord- und Südamerika.